am 21.04.2007
von Dr. Wolfgang Strickling
Ein Klick auf das Bild links öffnet ein kurzes Video (MPEG 2, 1,2 MB).
Zeitangaben sind in UTC. Aufnahme im Night-Shot-Modus (dabei wird das
Infrarot-Sperrfilter der Kamera weggeklappt) mit einer Integrationszeit von
0.15 s.
(Bei Wiedergabeproblemen ggf.
VLC media player oder
aktuellen Windows-Media-Player von Microsoft herunterladen, da MPEG-2
standardmäßig nicht unbedingt von jedem Player abgespielt wird!
Oder bei vcdhelp.com den Elecard
MPEG2-Codec herunterladen und installieren).
Meine Kamera wird zur Aufnahme hinter dem Okular befestigt.
Ein
Piezo-Pieper (links im rechten Bild) eines DCF-77-Zeitzeichenempfängers
(Selbstbau aus Teilen von Conrad Elektronik und ELV, Dank an
Otto Farago!) kann
direkt über dem Camcorder-Mikrofon platziert werden, so dass die
Zeitzeichensignale im Sekundentakt auf der Audiospur mit einem hohen Pegel
aufgenommen werden. So habe ich später auf Video eine exakte
Zeitinformation.
Mit Hilfe einer Videoschnittsoftware (hier:
Ulead Video Editor) kann
man das Video später bearbeiten und exakt ausmessen. Links sieht man
ein Vorschaubild, mit dem man das Video Bild für Bild untersuchen kann.
An der Stelle des Sternes habe ich ein Kreuz eingefügt, außerdem
Datums- und Zeitinformationen.
Unten ist die Zeitschiene ("timeline") der Videosoftware abgebildet, wo man
neben den Video-Einzelbildern auch das auf der Audiospur aufgezeichnete
Zeitsignal in Form von stark ausgesteuerten Tonpulsen deutlich erkennt. Den
Bedeckungszeitpunkt habe ich als kleine Marke in der timeline markiert.
Zu beachten ist bei solchen Analysen jedoch, dass Videokameras bei
Langzeitbelichtungen (hier 0,15 s) oft Ton und Bild nicht mehr exakt
synchronisiert haben. In meinem Fall musste ich die Tonspur um 3 1/2 Frames
nach hinten versetzen. Auch Benutzer von Time Insertern müssen solche
Effekte bei längeren Belichtungen (z. B. bei der populären
Watec-Kamera) berücksichtigen!
Will man den Bedeckungsverlauf noch genauer untersuchen, kann man das Video mit LiMovie photometrieren. Die Intensitätskurve ist unten zu sehen:
Ich konnte an meinem Beobachtungsort eine Bedeckungsdauer von 6.8 Sekunden
ermitteln.
Kein Beobachter konnte mehr als sieben Sekunden Bedeckungszeit registrieren,
die erwartete Maximalzeit von etwa 9 Sekunden für eine geschätzte
Größe des Kleinplaneten ist also deutlich unterschritten worden.
Das ist schon ein erster Hinweis darauf, dass der Durchmesser von Thetis
deutlich kleiner ist als der Literaturwert von 90 km.
In größeren Instrumenten konnte die Annäherung des ca. 12 mag hellen Asteroiden an den Stern in den Stunden vor der Bedeckung gut verfolgt werden. Auch während der Bedeckung war der Kleinplanet dann als schwacher Lichtpunkt noch im Okular zu sehen. Mit GIOTTO konnte ich den Kleinplaneten aus einem Summenbild aus dem Video knapp über dem Rauschpegel noch sichtbar machen (Bild rechts) Das Bild links zeigt den Stern vor seiner Bedeckung.
In den Folgetagen
gingen viele Beobachtungsmeldungen in
Planoccult, der Mailingliste für
Kleinplanetenbedeckungen ein. Sie werden gesammelt und in der
Ergebnisseite
von Euraster.net publiziert. Mit Hilfe der Software
WinOccult
kann man dann genauere Analysen der Messungen machen. Ein Klick auf nebenstehende
Abbildung zeigt noch mehr Details. Für diese Analyse habe ich in erster
Linie zeitlich präzise Videomessungen verwendet. Ein elliptischer "Best-Fit"
ergibt einen Querschnitt von etwa 80 x 65 km Größe, also deutlich
weniger, als man bisher für Thetis angenommen hatte. Um seine zu messende
Helligkeit zu erklären, dürfte die Albedo von Thetis damit höher
sein als bislang veranschlagt.
Faszinierend neben der eigentlichen Beobachtung finde ich, dass wir mit
Amateurmitteln heute in der Lage sind, solche Abweichungen zu bestimmen.
Hochgerechnet auf die Entfernung von Thetis von ca. 300 Millionen km entspricht
das einem Golfball in 170 km Entfernung! Und wir Amateure haben festgestellt,
dass der "Golfball "nicht grau und 42 mm groß, sondern nur eine etwa
35 mm kleine weiße Kartoffel ist;-)
Im Vorfeld
der Beobachtungsplanung haben wir auch feststellen müssen, dass man
den Daten der Planetariumsprogramme wie Guide und "The Sky" nicht immer blind
vertrauen kann. Guide beispielsweise hat mit den standardmäßigen
Bahndaten den Bedeckungszeitpunkt statt auf 22:46 UTC auf 8 Uhr MESZ gelegt.
In "The Sky" soll es ähnliche Abweichungen, allerdings auf den Folgetag
geben. Ursache dürften falsche Bahnelemente für Thetis sein. Mit
aktuellen Daten, z. B. vom MPC dürften die Vorhersagen sicherlich
zutreffender sein.
Wer kein Video-Equipment hat, kann solche Sternbedeckungen auch mit einfacheren Mitteln beobachten. Sinnvoll ist das immer, und bringt auch ohne Video einen wissenschaftlichen Nutzen!
Bei der visuellen Beobachtung benötigt man einen Funkwecker und ein Tonbandgerät, Diktaphon oder MP3-Recorder. Die Wecksignale mitsamt Kommentaren ("Weg!" und "Da!", wenn der Stern verschwindet und wieder erscheint) werden dann nonstop aufgezeichnet. Der Funkwecker wird so eingestellt, dass er ca. 3 Minuten vor dem Event "hochgeht", dann drückt man auf Snooze, so dass er nach 5 Minuten (also nach dem Ereignis) noch einmal einen Ton abgibt. Wichtig ist, dass das Ganze ohne Unterbrechung auf dem Diktaphon aufgezeichnet wird.
Den Wecker sollte man bei einem versierten Bedeckungsbeoachter kalibrieren lassen, denn mit der Weckzeit nehmen es die Dinger nicht so genau. Eine Sekunde Abweichung von der vollen Minute ist durchaus möglich. Den Wecker sollte man auch etwa eine halbe Stunde vorher neu starten (Batterie herausnehmen), denn die Dinger lauschen meist nur einmal am Tag nach dem Funksignal, dazwischen gehen sie nach dem Mond. Man sollte auch überprüfen, ob der Wecker das 5-Minuten-Snooze-Signal wirklich 5 Minuten nach der zuerst eingestellten Weckzeit zu einer vollen Minute abgibt und nicht 5 Minuten nach dem Drücken der Snooze-Taste! Auch das kommt bei manchen Geräten vor.
Empfohlen wird mit dem Beginn der Beobachtung etwa 5 Minuten vor dem Event, Ende der Beobachtung erst 5 Minuten hinterher, nicht schon früher! Dann hat man die Chance, einen Mond der Kleinplaneten zu entdecken. Das ist schon öfter vorgekommen und einige Beobachter habe sich schon in den Hintern gebissen, weil sie die Beobachtung nach dem Hauptereignis abgebrochen haben, und später im Internet lesen mussten, dass andere noch einen Mond drei Minuten nach der Hauptbedeckung sehen konnten ;-))
© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91
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