Abstract: For taking sunspot positions most amateurs use heliographic graduation grids and analyze their observations manually. Instead of this, a comfortable method producing less error rates is desirable. In this article, a new WINDOWS-software, specially designed for amateurs is presented. Now it is possible to get positions from rectangular grids and analyze them automatically. Moreover, the program is able to print forms for SONNE-sections either containing relative numbers or sunspot positions and to generate files for data exchange by email or floppy-disks.
Die Beobachtung der Sonne und deren photosphärischer Erscheinungen wie Sonnenflecken und -fackeln gehört zu den beliebtesten amateurastronomischen Tätigkeiten. Besonders die Bestimmung der Sonnenfleckenrelativzahl oder der Beck'schen Flächenzahl und der Fleckenpositionen sind an sich technisch einfach und auch von Anfängern bzw. mit kleinen Teleskopen durchzuführen.
Speziell bei der Bestimmung der Züricher Relativzahl können Amateure durch aktive Beobachtungstätigkeit wissenschaftlich wertvolle Daten liefern. Nach Schließung der Züricher Sternwarte 1980 wurde allerdings diese bisher längste kontinuierliche Beobachtungsreihe der Sonne nach 200jähriger Geschichte beendet [1]. Durch das Relativzahlnetz der Fachgruppe ,,Sonne" der ,,Vereinigung der Sternfreunde" (VdS) wird bereits seit über 20 Jahren diese wichtige Meßreihe mit Amateurmitteln fortgeführt. An dem Netz arbeiten z.Z. mehr als 100 Beobachter international mit, so daß seit mehreren Jahren jeder Tag lückenlos dokumentiert werden konnte [7].
Auch für Positionsmessungen gibt es ein Beobachternetz. Die Beobachtungsergebnisse werden regelmäßig in Amateurzeitschriften wie ,,SONNE" oder ,,Sterne und Weltraum" und im Internet veröffentlicht [6]. So stehen die Daten interessierten Wissenschaftlern oder Amateuren zur eigenen Auswertung zur Verfügung. Um die Ergebnisse auf eine möglichst breite Datenbasis zu stellen, ist es allerdings erforderlich, daß sich eine große Zahl von Beobachtern an den Programmen beteiligt, und daß die Auswertung möglichst effizient und einfach verläuft.
Bei der Erstellung und Auswertung ihrer Beobachtungen verwenden die meisten Amateursonnenbeobachter noch die klassischen Hilfsmittel wie Gradnetzschablonen Papier und Bleistift. Die folgende Aufbereitung der Meßdaten ist mit dieser Methode aber sehr mühsam und rechenintensiv. Viele Beobachter verzichten deshalb leider darauf, ihre Daten weiter auszuwerten oder entsprechend aufbereitet zur Auswertung weiterzuleiten, z. B. an die Fachgruppe SONNE. Und wenn die die Daten weitergegeben werden, dann sind die Zwischenschritte aufwendig und fehlerträchtig: die Daten müssen notiert, abgeschrieben, evtl. mit einen Taschenrechner bearbeitet und erneut notiert werden.
Viele dieser Probleme lassen sich umgehen, wenn die Meßdaten gleich mit einem PC erfaßt, aufbereitet und evtl. auch auf Plausibilität überprüft werden. Um Fehler weitgehend zu vermeiden, sollten die eingegebenen Daten später nicht mehr von Hand bearbeitet oder aufwendig zwischen verschiedenen Programmen hin- und herkopiert werden. Wünschenswert ist weiter, daß die üblichen statistischen Auswertungen direkt aus den gespeicherten Datensätzen erstellt werden können.
Auch auf Seiten der Auswerter wäre eine maschinenlesbare Übermittlung der Beobachtungen wünschenswert. Denn heute reichen selbst die Beobachter, die bereits ihre Beobachtungen mit dem PC bearbeiten, ihre Ergebnisse als Ausdruck ein. Das umfangreiche Datenmaterial der Beobachtungen ist dann von den Auswertern wieder manuell zu erfassen und für die weitere Bearbeitung entsprechend aufzubereiten. Besonders in Zeiten des Fleckenmaximums ist dieses mit erheblichem Zeitaufwand verbunden und hat gelegentlich zu Verzögerungen bei der Auswertung oder gar zum Verlust wertvoller Beobachtungsdaten geführt.
Um möglichst vielen Beobachtern die Möglichkeit zu geben, die eigenen Beobachtungsdaten einfach aufzubereiten und an die Beobachternetze der Fachgruppe ,,SONNE" weiterzugeben, habe ich das Programm ,,SUN" entwickelt.
Das Programm sollte folgende Möglichkeiten bieten:
Es sollte bereits bei der Erfassung der Messungen am Teleskop
eine Hilfe sein.
Positionsmeßwerte sollten ohne weitere Berechnungen oder Zuhilfenahme
von Tabellen und Jahrbüchern automatisch in heliographische Koordinaten
umgerechnet werden. Die Eingaben sollten bei der Klassifizierung und
Positionsmessung auf Plausibilität überprüft werden, damit
sie in der weiteren automatischen Bearbeitung keine Fehler verursachen oder
als Fehler unerkannt bleiben.
Die Daten sollten jederzeit abrufbar sein, und jede Beobachtung sollte graphisch dargestellt werden können.
Einfache Analysen wie die Zuordnung aktuell beobachteter Fleckengruppen zu Gruppen aus vorhergehenden Beobachtungen oder eine Fleckenstatistik sollten automatisch durchgeführt werden.
Eine Statistik der eigenen Beobachtungen sollte einfach durchgeführt werden können.
Die vorgegeben Formblätter der Beobachternetze der Fachgruppe
,,SONNE" sollten ausgedruckt werden können.
Nach Festlegung eines einheitlichen Datenformates mit den Leitern
der Beobachternetze sollten die Beobachtungen direkt als versandfertige Datei
für den Austausch via Diskette oder eMail ausgegeben werden
können.
Nur durch ein einfach zu bedienendes und fehlertolerantes Programm wird der Beobachter von unproduktiven und fehlerträchtigen Routinearbeiten entlastet und dazu motiviert, die Daten auch an die Beobachternetze weiterzugeben.
Abb. 1: Das Hauptprogramm SUN
Um die obigen Forderungen zu erfüllen, habe ich mit TURBO-PASCAL ein Programmpaket für Windows entwickelt. Es kann von der Meßwerterfassung über die Auswertung bis zum Ausdrucken der Formulare für die SONNE-Fachgruppe die meisten Routinearbeiten automatisch erledigen.
Bisher werden Sonnenfleckenpositionen meistens von kleinen Gradnetzschablonen abgelesen, die an Stelle des Projektionsschirms am Fernrohr befestigt werden. Dazu muß aus einem Satz von 8 Schablonen nach Tabellenwerten die richtige ausgewählt und relativ aufwendig am Fernrohr einjustiert werden [1], [3], [4], [5]. Praktisch einfacher und genauer, aber rechnerisch komplizierter ist dagegen die Auswertung rechtwinkliger kartesischer Koordinaten aus einem äquatorial ausgerichtetem Gradnetz [1], [4], [5]. Da die Daten ohnehin in den PC eingegeben wurden, ist die zuletzt genannte Möglichkeit ohne weiteres praktikabel. Für die Dateneingabe und Umrechnung in eine Positionsdatei verwende ich dazu ein separates Programmodul, SUNGEN.
Für Positionsmessungen von Flecken habe ich mir schon seit langem angewöhnt, die Koordinaten nicht mehr direkt aus Gradnetzschablonen, sondern von einem rechtwinkligen Raster abzulesen. Das Sonnenbild wird einfach auf einen mit Millimeterpapier beklebten und verdrehungssicher mit dem Fernrohr verbundenen Schirm projiziert. Die Einstellung des Positionswinkels Po der Sonnenachse entfällt hierbei ganz; und wenn das Teleskop einmal genau eingenordet ist, entfällt auch das Einjustieren auf die genaue Ost - Westrichtung. Außerdem ist die Ablesegenauigkeit auf Millimeterpapier höher, da kaum ein Gradnetz feinere Einteilungen als ein Millimeter haben dürfte. Die meisten Netze gestatten nur eine Ablesung auf 5 Grad genau. Es fällt auch der (zugegeben geringe) Meßfehler weg, der durch die Verwendung von Gradnetzen mit unpassendem Bo-Wert entsteht.
Für jede Fleckengruppe werden dann die Fleckenzahl, die Waldmeier- oder Mclntoshklasse und die rechtwinkligen Koordinatenpaare der p- und f-Flecken in den Computer eingegeben. Mit Hilfe von (System-) Datum und Uhrzeit (optional) werden anschließend die heliographischen Koordinaten berechnet. Um die Parameter Po, Bo und den Zentralmeridian braucht man sich dann natürlich nicht mehr zu kümmern. Sollte das Programm feststellen, daß die Länge einer Gruppe und die Klassifikation nicht zusammenpassen, wird eine Warnung ausgegeben (z. B. wenn eine 12 Grad lange E-Gruppe als D oder F eingestuft worden ist).
Auf diese Weise werden grobe Meßfehler oder falsche Klassifizierungen meist schnell erkannt. Für jeden Beobachtungstag wird dann vom Programm eine kleine Datei mit den Fleckenzahlen, -klassen und -positionen erstellt.
Das Meßwerterfassungsprogramm SUNGEN kann auch Messungen von Okularmikrometern auswerten. Da es eine von der übrigen Software unabhängige EXE-Datei ist, können Programmierer ein eigenes Programm für spezielle persönliche Bedürfnisse erstellen und in das Programmpaket einbinden. Diesbezüglich hatte ich schon eine Anfrage von Beobachtern, die eingescannte Zeichnungen analysieren und auswerten wollten, was mit diesem Konzept kein Problem darstellt.
Abb. 2: Graphische Darstellung
einer Beobachtung
Bevor eine Beobachtung ausgewertet wird, wird sie am Bildschirm graphisch angezeigt, so daß grobe Ablese- oder Tippfehler gleich auffallen und korrigiert werden können. Selbstverständlich kann die Graphik auch ausgedruckt werden (s. Abb. 2).
Für die weitere Auswertung werden die Fleckengruppen identifiziert, d. h. gleiche Gruppen aus verschiedenen Beobachtungen einander zugeordnet, und es wird eine kleine Gruppenstatistik geführt. Die Relativzahlen werden insgesamt und auch nach Hemisphären getrennt in einer Relativzahldatei gespeichert und können graphisch dargestellt werden.
Meiner Erfahrung nach lohnt es sich, die Gruppenzuordnung mit den vorhergehenden Beobachtungen zu vergleichen, denn Meßfehler schleichen sich häufiger ein, als man denkt. Wenn z. B. eine Gruppe, die man vor einigen Tagen beobachtet hat, plötzlich verschwunden ist, und 10 Grad daneben eine neue Gruppe entstanden sein soll, dann lohnt sich ein Gang zum Teleskop, um die Positionsmessung zu überprüfen. Solche Fehler fallen ohne EDV-Kontrolle oft erst bei der Monatsauswertung auf
Mit Hilfe der Gruppenstatistik können auch Karten und synoptische Karten erstellt werden. H-Alpha-Beobachter können sich auf diese Weise frühzeitig ein Bild machen, wann größere Fleckengruppen und evtl. damit verbundene Protuberanzen am Sonnenrand erscheinen (s. Abb. 3).
Abb. 3: Synoptische Karte
Die Beobachtungen können in einem Protokoll ausgedruckt werden. Für die SONNE-Fachgruppen können auch die fertigen Formulare (Relativzahlen und Positionen) mit jedem von WINDOWS unterstützten Drucker ausgegeben werden.
Auf meine Anregung in ,,SONNE" hin [6] konnte das Datenformat des Relativzahlnetzes für die Erstellung der Ausgabedateien verwendet werden. Mit dem Positionsnetz befinden sich die Arbeiten zur Erstellung eines Datenformates kurz vor dem Abschluß, so daß das Programm in Kürze wohl auch mit der Option ,,Positionsdaten erstellen" allgemein verfügbar sein wird. Somit ist das Ziel erreicht, den Amateuren die Weitergabe ihrer Daten per Diskette oder eMail direkt an die Beobachternetze zu ermöglichen.
Interessierte Beobachter konnten die Software bisher direkt von mir, aus dem Internet [8] oder über die Astronomie-CD "Jupiter 2" von D. Roth beziehen.
Seit der Auslieferung der CD ist neben den damals noch nicht erstellten Datenexportmodulen noch ein Statistikmodul hinzugekommen. Es ermöglicht den Beobachtern, ohne große Rechnungen Monatsmittel, A13, P17-Mittel graphisch darzustellen oder als Textdatei für weitere Auswertungen zu exportieren. So können die Werte z. B. mit Hilfe einer Tabellenkalkulation weiter analysiert werden. Jedoch waren schon vorher kleinere Analysen und die graphische Darstellung des täglichen Aktivitätsverlaufes möglich.
Zu dem kompletten Programmpaket gehört außerdem eine umfangreiche Hilfedatei, die das Erlernen und Bedienung der Module erleichtert.
Zur Zeit, da man kurz nach dem Fleckenminimum über jedes Sonnenfleckchen froh ist, mag der Aufwand vielleicht unnötig hoch erscheinen. Ich kann mich aber noch sehr gut an die enorme Arbeit während des Maximums 1981 erinnern. Damals hatte ich als Schüler für die Auswertung noch erheblich mehr Zeit als heute. Im kommenden Maximum (Jahreswende 1999/2000) werde ich als Berufstätiger recht wenig Zeit für die erforderlichen Routinearbeiten haben, so daß das Programm eine erhebliche Arbeitserleichterung für mich sein wird.
In der Zwischenzeit wurde mit den Positionsbeobachtern ein einheitliches Datenformat entwickelt. Das bereits bestehende Datenformat der Relativzahlauswerter konnte ebenfalls in das Programm integriert werden. Auf diese Weise können die Beobachtungsdaten unter Umgehung des Papierausdruckes direkt auf einer Diskette oder der Festplatte gespeichert und computerlesbar auf dem Datenträger oder an eine Email angehängt an die Auswerter geschickt werden. Das geht schnell und erspart viel Arbeit und eventuelle Übertragungsfehler sowie Portokosten.
Wer neben oder zusätzlich zu den Waldmeierklassen die McIntosh-Klassifikation von Fleckengruppen registriert, kann auch an dem CV-Programm von K. I. Malde teilnehmen, denn die CV-Werte ergeben sich direkt aus den McIntosh-Klassen durch einfache Umrechnung (SONNE 70, S. 178). Die McIntosh-Klassifikation beschreibt die Struktur einer Fleckengruppe wesentlich genauer und präziser als die bekannte Waldmeier-Klassifikation und sie erfordert außer etwas Übung und Erfahrung keinen zusätzlichen Aufwand. Deshalb wäre wünschenswert, wenn mehr Beobachter diese Einteilung benutzen würden!
Erfreulicherweise hat Herr Malde ein bereits bestehendes Datenformat in Form seines Online-Beobachtungsformulares im Internet präsent, so dass auch hier ist der Datenexport zum Versand via Diskette oder Email problemlos ins Programm integriert werden konnte.
Leider fällt mit der Weitergabe der Beobachtungen an die Relativbeobachter per Email die bisherige Übermittlung der Beck'schen Relativzahlen und der Fleckenklassen weg, obwohl diese Werte in den Beobachtungen enthalten sind und früher auf dem Formular ausgedruckt werden konnten. Das Datenformat der Relativzahlauswertung sieht leider nicht die Aufnahme der Beck'schen Fleckenzahlen vor. Wenn also die Ermittlung dieses Aktivitätsindikators nicht immer weiter unter den Tisch fallen sollte, dann sollte man diese Daten entweder in das Datenformat der Relativzahlen integrieren (was ich bevorzugen würde), oder ein separates Datennetz zur Erhebung dieser Meßwerte entwickeln!
So bleibt zu hoffen, dass durch die Unterstützung durch den Computer künftig noch mehr Beobachter Freude an der systematischen Auswertung bekommen und / oder ihre Beobachtungen an die Fachgruppe weiterleiten, vor allem an die noch mit relativ wenigen Beobachtern vertretenen Positions- und CV-Netze!
[1] SONNE im Internet: http://www.sonneonline.org/
[2] Hammerschmidt, S. et al.: Einführung in die Sonnenbeobachtung, 2. Aufl., VdS Fachgruppe Sonne, Berlin 1993
[3] Herrmann, J.: Der Amateurastronom. Kosmos-Verlag, Stuttgart 1976
[4] Beck, R., Hilbrecht, H. , Reinsch, K., Völker, P.: Handbuch für Sonnenbeobachter, S. 325 ff. Vereinigung der Sternfreunde e. V., Berlin, Bonn 1982
[5] Fachgruppe Roth, G. D. (Hrsg.): Handbuch f Sternfreunde, Bd. 2, S.53 ff. Springer-Verlag, Berlin 1989
[6] Strickling, W.: PC-gestützte Sonnenbeobachtung, SONNE 77, S. 6 ff (April 1996)
[7] Zunker, A: Jahresbericht des SONNE-Relativzahlnetzes 1996, SONNE 81, S.147 f
[8] URL der Programme im Internet: http://www.strickling.net/softwareecke.htm
Der vorliegende Aufsatz basiert auf dem Sonne-Artikel [6] und wurde vom physikalischen Verein Frankfurt mit einem "Samuel-Thomas-von-Soemmering Preis" für amateurastronomische Arbeiten 1997/98 gewürdigt.
© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91
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