Am 21.08.2017 hat sich eine Sonnenfinsternis über
den gesamten nordamerikanischen Kontinent und den nördlichen
Teilen von Südamerika ereignet. Ich habe die Finsternis nahe
Jackson/Wyoming am Rande des Grand Teton National Park unter
optimalen Bedingungen beobachten können.
Hier die Koordinaten unseres Beobachtungsortes: 43.575520° N
-110.731235° W = 43° 34.5312' N, -110° 43.8741' W = 43° 34' 31.87"
N -110° 43' 52.43" W
Die Zeiten für diesen Ort, berechnet mit EclipseDroid:
In der partiellen Phase schmückten schöne Sonnenfleckengruppen die
Sonnenoberfläche.
Für die Fotografie nutze ich ein 500mm Teleobjektiv f/8 an einer
Canon 450D und EclipseDroid.
Die Kamera war so orientiert, dass die Nordrichtung auf den unten
stehenden Bildern um 24° nach links gedreht ist.
Für eine vergrößerte Darstellung auf die Bilder unten klicken!
In der partiellen Phase ist gut
zu sehen, dass Sonnenflecken nicht wirklich schwarz sind, sondern
deutlich heller als der wirklich dunkle Mondrand, der nur durch
das aschgraue Licht der Erde erhellt wird. Letzteres erscheint
aber erst auf langbelichteten Aufnahmen während der Totalität.
Diamantring beim zweiten Kontakt
Korona HDR Komposit aus insgesamt
23 Einzelbildern
Protuberanzen beim dritten Kontakt
Bemerkenswert war, dass beim dritten Kontakt sehr eindrucksvolle
Protuberanzen am Westrand sichtbar waren, der Ostrand beim zweiten
Kontakt jedoch praktisch keine Protuberanzen zeigte. Länger
belichtete Aufnahmen zeigen schön die koronalen Löcher um die
Protuberanzen (Bild unten rechts, 1/125s, ISO 100, 500mm f/8).
Diamantring beim dritten Kontakt Um die äußere Korona und den
Übergang zum Zodiakallicht abzubilden, benutzte ich eine
modifizierte Canon 650D an einem 90mm f/2.8 Objektiv mit einem
ProPlanet 742 nm Infrarotfilter. Der Kontrast wurde mit einem
Larson-Sekanina Filter (30°, 10 Pixel) angehoben. Vorher wurden
die relativ starke Lensflares aus den
Aufnahmen per Hand entfernt. Im Bild links ist die Ekliptik durch
die diagonale gelbe Linie mit Marken im 2-Grad-Raster
eingezeichnet, im Bildzentrum wurde eine HDR-Aufnahme eingefügt.
Man erkennt die Ausdehnung vieler dünner Streamer und eines
diffusen Hintergrundes in die Ekliptikebene.
Links eine Überlagerung von sechs Einzelbildern mit 1s Belichtung
bei ISO 400. Für das Bild unten wurden vier Aufnahmen mit ISO 800
zusätzlich mit gestackt.
Auf dem Originalbild sind Sterne bis zur ca. achten Größenklasse
erkennbar. Rechts davon zeitgleiche kombinierte Aufnahmen von LASCO/SOHO mit dem
gleichen Bildausschnitt (Bildquelle: helioviewer.org)
Polarisationsmessungen
Ich habe auch ein
polarimetrisches Experiment durchgeführt.
Leider sind einige Bilder aufgrund von Bewegungsunschärfe nach
Manipulation des Polfilters z. T. etwas verwackelt, so dass die
innersten feinen Strukturen nur unbefriedigend wiedergegeben
wurden..
Links ein kontrastverstärktes Bild, 1/30 s, ISO 100, bei dem die
Farbkanäle Rot, Grün, Blau den Polarisationsrichtungen 0°, 60°,
120° zugeordnet wurden. Für die Version mit originalen Kontrast
und hohe Auflösung auf das Bild klicken.
Die Orientierung des Polarisationsfilters (Elektrischer
Feldvektor) wird durch farbige Pfeile verdeutlicht.
1/2 s, ISO 100
Man erkennt die Polarisation bis weit in die koronalen Streamer
bei drei Sonnenradien Entfernung vom Sonnenmittelpunkt.
Nach dem Standardmodell der Korona sollte die Polarisation, die in
erster Linie durch die freien Elektronen der K-Korona verursacht
wird, in mehr als einem Sonnenradius wieder abnehmen, da dort,
jenseits von zwei Sonnenradien Entfernung vom Mittelpunkt, die
Strahlung der unpolarisierten F-Korona überwiegt.
Fliegende Schatten
Ich habe auch ein
Experiment zur Aufnahme fliegender
Schatten aufgebaut.
Die Schattenbänder haben sich sehr eindrucksvoll auf dem
Projektionsschirm abgezeichnet. Schon etwa drei Minuten vor dem
zweiten Kontakt wurden sie sichtbar.
Leider hat eine Kamera die Schattenbänder nicht aufgenommen, die
zweite Kamera (LG G4) hat sich vorzeitig nach 5 Minuten
Aufnahmezeit etwa 50 Sekunden vor dem zweiten Kontakt abgestellt.
Der Projektionsschirm hatte einen Durchmesser von 1.08 m, am
unteren Rand war eine Kalibrationstafel in den Maßen 20 x 15 cm
angebracht.
Die Abbildung unten zeigt einen Ausschnitt aus dem Youtube-Video
weiter unten, links das Originalbild, rechts die
kontrastverstärkte Version.
Video der fliegenden Schatten vor dem zweiten Kontakt, aufgenommen
mit einem LG G4. Links das Originalvideo (gammakorrigiert), rechts
kontrastverstärkt durch Division einer gemittelten Sequenz und
Rauschreduktion.
Leider ist das Video durch Erschütterungen durch die periodische
Verstellung des Himmelshelligkeitssensors (SQM) etwas
beeinträchtigt.
Die Landschaft
Die Veränderungen der Landschaft.
Links: 19 Sekunden vor dem zweiten Kontakt. Der Mondschatten
zeichnet sich deutlich über der ca 10 km entfernten Bergkette der
Teton Range ab.
Mitte: während der Totalität. Nach Süden, beim Blick auf den
freien Horizont erkennt man sehr schön die Dämmerungsfarben.
Rechts: 6 Sekunden nach dem dritten Kontakt.
Fotos: Christian Strickling, LG G5
Fisheye-Aufnahme, Peleng 8 mm
Fisheye f/5.6 auf Kodak ColorPlus 200 ISO
Negativfilm (Kodak 200-8), Belichtung 17.5 s um
17:35:22 UTC.
Wetter
Ich habe die Temperatur, Feuchtigkeit,
Helligkeit und Luftdruck gemessen, außerdem die
Himmelshelligkeit mit einem modifiziertem
SQM.
Auch hier steht die vollständige Auswertung noch aus. Weitere
Daten und Bilder werden in den kommenden Tagen hier
veröffentlicht.
Ein Klick auf die Grafiken zeigt eine vergrößerte Darstellung.
Verlauf
von Temperatur, Feuchte und Beleuchtungsstärke
(Umgebungshelligkeit) in der Zeit um die Finsternis.
Es wurde die Temperatur des Bodens (unter einem 1 cm dünnen
Stein), 10 cm darüber und in 1.4 m Höhe über dem Boden mit einem
DS1621 Sensor digital gemessen und protokolliert,
außerdem die Luftfeuchtigkeit (HIH4031 Feuchte-Spannungswandler)
und die Windgeschwindigkeit mit einem Schalenanemomenter.
Die Bodentemperatur zeigt erwartungsgemäß den stärksten Ausschlag,
da sie unmittelbar auf die Aufheizung durch die während der
Finsternis stark veränderliche Wärembestrahlung reagiert. Sie
steigt von einem Minimum von 13.4°C 9 Minuten nach Finsternismitte
auf über 36°C nach der Finsternis an.
In 1.4 m Höhe ist der Ausschlag wesentlich geringer und auch etwas
verzögert. Das Minimum von 12.2.°C wird 10 Minuten nach
Finsternismitte erreicht, die Temperatur steigt nach der
Finsternis auf über 25°C an. Vor der Finsternis wurden schon 20
Grad erreicht.
Die relative Luftfeuchtigkeit änderte sich erwartungsgemäß
umgekehrt zum Temperaturgang, denn ein spezifischer Einfluss der
Finsternis auf den Wassergehalt der Luft ist nicht zu erwarten.
Die relative Feuchte stieg von etwa 35% vor dem zweiten Kontakt
auf knapp 52% zum Temperaturminimum ca. 10 Minuten nach
Finsternismaximum.
Der Wind wehte am Finsternistag nur sehr schwach mit nicht
nennenswerten Böen. Ein Finsterniswind konnte auch bei dieser
Finsternis nicht gemessen werden. In nebenstehender Grafik wurden
den Windgeschwindigkeiten ein konstanter Wert von 10 m/s addiert.
Detail der Temperaturverläufe
während der zentralen Phase der Finsternis.
Die Minimale Beleuchtungsstärke betrug in der Mitte der Totalität
knapp 6 Lux, das ist etwas mehr als während der Finsternis 2016 in
Indonesien (dort 5 Lux). Das entsprach der Beleuchtungsstärke, die
ich bei einem Sonnenstand von -5° 34' unter dem Horizont, knapp 29
Minuten nach Sonnenuntergang am 19.08. gemessen habe.
Der Luftdruckverlauf während der Finsternis.
Gemessen wurde mit drei verschiedenen Android-Smartphones (Samsung
Galaxy S4, Galaxy S5 und LG G4), registriert wurde mit EclipseDroid. Die
Finsterniskontakte sind in der Grafik durch dünne vertikale Linien
markiert. Außer dem generellen Trend zur Abnahme des Drucks am
Finsternistag ist kein spezifischer Einfluss der Finsternis auf
den Luftdruckverlauf erkennbar.
Um die Kurven der Geräte aneinander anzupassen, wurde zu den
Messwerten des Galaxy S5 ein konstanter Wert von 2.0 mbar addiert.
Mit Hilfe eines Himmelshelligkeitsmessgeräts mit
gleichem Sensor wie das bekannte SQM habe ich die Helligkeit in
verschiedene Himmelsrichtungen gemessen und protokolliert. Es wurde
im Zenit (90° Elevation), in 15° und 45° Elevation in allen vier
Haupthimmelsrichtungen gemessen.
Im Zenit wurde während der Totalität eine Helligkeit von minimal
12.85 mag/arcsec2 erreicht. Das entspricht
der Zenithelligkeit etwa 30 Minuten nach Sonnenuntergang bzw. vor
Sonnenaufgang bei einer Sonnenhöhe von -5.78°. Verglichen mit meinem
Finsternisflug 2015 oder der SoFi 2009 in Wuhan ist das ein wenig
heller.
Der Sensor in 45° Südrichtung zeigt den stärksten Ausschlag und geht
schnell in eine Sättigung, da der Sensor der direkten
Sonnenbestrahlung ausgesetzt war. Das Resultat ist deshalb mit den
anderen Messungen nur beschränkt vergleichbar. Hier der Download meiner Messwerte als CSV-Datei.
Zum Vergleich (Bild rechts): Die Kurve der klaren Nacht im
Teton-Nationalpark vom 18.08 auf den 19.98.2017. Magentafarbene
senkrechte Linien markieren die Dämmerungszeiten (Bürgerliche,
Nautische und Astronomische Dämmerung).
Im Zenit wurde als dunkelster Wert gegen 3 Uhr Ortszeit (UTC-6h)
21.46 mag/arcsec2 gemessen.
Links eine zeitlich höher
aufgelöste Grafik der Helligkeitsmessung in den zentralen 6 Minuten.
Finsternisdetails
Mit App
Eclipse
2017, EclipseDroid für
Android oder AstroWin für
Windows kann man sich für jeden Ort genaue Daten der Finsternis
berechnen lassen. Hier ein Beispiel der Ausgabe von EclipseDroid,
aus dem Fenster für "Finsternisexperten":
Mo, 2017 - 08 - 21 totale Sonnenfinsternis
Gros Venture Road, 43.575520° N -110.731235° W
Zeitzone: UTC +0,0 h, DeltaUTC = 68,95
Saros 145, gamma: 0,4367
RA: 10h 04,0m DE: +11° 52' EclipseDroid ist übrigens auch
sehr gut geeignet, um ausgefeilte Foto- und Beobachtungskampagnen zu
realisieren.
Die Finsternis vom August 2017
gehört übrigens zum gleichen Saroszyklus145
wie die Finsternis am 11.08.1999, die in Europa allerdings unter
schwierigen Wetterbedingungen sichtbar war. Das bedeutet, dass die
Finsternisse astronomisch sehr ähnliche Bedingungen aufweisen, mit
ähnlichen Größenverhältnissen von Sonne und Mond am Himmel und
damit ähnlicher Finsternisdauer. Alle Finsternisse diese Zyklus
finden im aufsteigenden Knoten der Mondbahn statt (Grüne
Markierung in der Grafik links. In einer Saros-Serie tritt im
Schnitt alle 18 Jahre und 11 1/3 Tage eine Finsternis auf. Je nach Anzahl
der Schaltjahre und nach Kreuzung der Datumslinie kann der
Wert zwischen 18 Jahren und 10 bis 12 Tagen variieren. Die
Saros-Serie begann im Jahr 1639 mit 14 partiellen Finsternissen,
es folgten eine schmale ringförmige sowie eine hybride Finsternis.
Die folgenden 41 Finsternisse waren bzw. sind total, dann folgen
noch 20 partielle Finsternisse, bis der Zyklus im Jahr 3009 enden
wird. Rechts sehen Sie eine grafische Darstellung des Saroszyklus
in Form einer "Sarosschlange". Zum Vergrößern der Grafik einfach
das Bild anklicken. Es wurde mit meiner Windows-Software Sarosportrait berechnet. Es sind
stets mehrere Saroszyklen aktiv, beispielsweise umfasst der Zyklus
139 die kommende Finsternis am 08.04.2024
in den USA und Kanada. Deren Vorläufer war die Finsternis im
Mittelmeerraum am 20.03.2006.
Die Grafik links zeigt die Finsternisse über die Jahre mit dem
Auftreten in den Jahreszeiten. Die Finsternisse laufen einmal in
19 Jahren durch alle Jahreszeiten, weil sich die leicht geneigte
Mondbahnebene einmal in diesem Zeitraum dreht. Neben dem
Saroszyklus ist auch der Metonische Zyklus eingezeichnet. In
diesem Zyklus treten die Finsternisse nach 19 Jahren wieder am
gleichen Datum oder mit einem Tag Versatz auf. Allerdings läuft
der Zyklus nur kurz, nach 38 Jahren bricht die Serie ab. Man
erkennt auch, das zu jeder Sonnenfinsternis mindestens eine
Mondfinsternis im Abstand von zwei Wochen gehört. Das kann
allerdings auch mal eine der unauffälligen
Halbschattenfinsternisse sein.