von Dr. Wolfgang Strickling
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Diese Finsternis war SUUUPER! Extrem klare Luft,
weder Staub noch Dunst, praktisch kein Wind und ein Camp praktisch
genau auf der Zentrallinie haben Maßstäbe vielleicht für
Jahrzehnte gesetzt. Und zu allem Überfluss zierten nach vielen
Tagen ohne Sonnenflecken gleich drei Flecken das Sonnenbild
im Kamerasucher.
Es war eine recht helle Finsternis, der Himmel
hatte eine tiefblaue Farbe mit einem Stich ins violette. Man
konnte Displays etc. ohne Schwierigkeiten während der Totalität
lesen. Ursache war wahrscheinlich der helle Wüstesand, der Licht
von den Rändern des Kernschattens effektiv in die Zentralzone
hineinreflektierte. Venus war erwartungsgemäß gut zu sehen, auch
schon ca. 15 Minuten vor der Totalität. Merkur war nur schwer
auszumachen, Mars, Orion und andere Sternbilder habe ich nicht
sehen können.
Die fliegenden Schatten waren grandios und kontrastreich! Auf dem
Video ist das jedoch nur schwer zu sehen, vielleicht war die
Ursache die höhere Windgeschwindigkeit, verglichen mit den
Verhältnissen 2001 in Simbabwe.
Der heran- und wegziehende
Mondschatten war trotz des ebenen Horizontes in der Atmosphäre
sehr gut zu sehen.
Die Koordinaten meines Zeltes, gemittelt aus 5 Messungen über zwei Tage waren: 28° 14.1123' Nord (=28.235205°), 21° 30,3337' Ost (=21,505562°), 138 m Höhe. Datum: WGS 84. Das sind etwa 1,3 km südlich der Zentrallinie und etwa 80 km südlich der Ortschaft Jalu. Die Koordinaten gelten exakt für mein Zelt am Süd-Westende unseres Platzes. Die Abweichung zu den gemessenen Werten der Wiener Gruppe erklärt sich durch dem anderen Beobachtungsplatz etwa 150 nördlich meines Zeltplatzes.
Kontaktzeiten (MESZ = Ortszeit), berechnet mit AstroWin (für DeltaT
= 64.9 sec), EmapWin
und EclipseCalculator:
h m s Pa Nord Pa Zenit Azim Elev SchBand EmapWin EclipseCalculator (Dauer 4:03.6)
1. Kont.: 11:08:31 225° 264° 135° 57° 11:08:36 11:08:24.8
2. Kont.: 12:26:38 46° 53° 173° 65° 138° 12:26:45 12:26:33.9
3. Kont.: 12:30:45 223° 228° 175° 65° 135° 12:30:48 12:30:37.5
4. Kont.: 13:50:05 45° 12° 218° 60° 13:50:08 13:49:58.9
Beeindruckend war das Perlschnurphänomen, hier beim 2. Kontakt, rechts im Detail.
Hier das Perlschnurphänomen zum 3. Kontakt.
Bei
unterschiedlichen Belichtungen treten entweder die inneren
Koronastrukturen und Protuberanzen (links, 1/250 s), oder äußere
Strukturen zu Tage (rechts, 1/20 s). Das rechte Bild wurde mit
einer radialen Unschärfemaske bearbeitet.
Alle diese Aufnahmen sind auf Fujicolor Sensia 100 ASA aufgenommen. Der Vorteil des Negativfilmes im Vergleich zu Diamaterial ist, dass er nicht so extrem hart arbeitet und deshalb mit dem enormen Dynamikumfang der Korona besser klarkommt. Ich war verblüfft, wieviel Dynamik so ein Negativmateril verkraften kann.
Optiken waren die Russentonne (Teleobjektiv
10/1000) oder das 8/500 Spiegeltele. Alle Bilder sind orientiert
mit Norden oben und Osten links.
Eine Belichtung mit 4 Sekunden (links) zeigt auch schon mit dem 10/1000 Tele ("Russentonne") nach radialer Unschärfemaskierung viele Koronastrukturen und die Mondoberfläche im Erdlicht, dem Pendant zum aschgrauen Mondlicht. Schemenhaft treten die dunklen Maria und helleren Bergländer auf dem Mond hervor.
Die rechte Aufnahme ist 6 Sek mit 8/500 mm belichtet.
Composits aus mehreren unterschiedlich
belichteten Aufnahme zeigen feine Details der Koronastrukturen und
kommen dem visuellen Eindruck schon näher, als es bearbeitete
Einzelbilder tun können. Durch Anklicken der Bilder bekommen Sie
eine höher aufgelöste Version.
Wir haben ein Experiment zur Polarisation der inneren Korona durchgeführt. Dazu wurde während einer laufenden Videoaufzeichung ein lineares Polfilter vor die Kamera gehalten. Für das Falschfarbenbild (links) wurden 1 sek lange Standbildauszüge aus dem Video mit GIOTTO gemittelt und den Farbkanälen rot (Polarisation elektrischer Feldvektor auf Positionswinkel 0 Grad), grün (Positionswinkel 60 Grad) und blau (Positionswinkel 120 Grad) zugeordnet. Man erkennt deutliche die Polarisation des Koronalichtes.
Vielen Dank an Reinhard Braun für die Bereitstellung des Kameraequipments!
Eine Polarisationsaufnahme der mittleren Korona zeigt Fred Bruenjes. Seine Aufnahme muss um etwa 45 Grad im Uhrzeigersinn gedreht werden, um die gleiche Orientierung wie mein Bild zu haben. Sehr detailliert ist eine wissenschaftliche Untersuchung zur Polarisation der Korona vom Gundogdu-Observatorium aus der Türkei.
Sehr
eindrucksvoll waren die Fliegenden Schatten zu sehen. Zur
Beobachtung habe ich ein weißes Laken mit den Maßen 1,45 x
2,33 m ausgebreitet und parallel zur zu erwartenden
Ausbreitungsrichtung nach 317° Azimut orientiert. Ein Sony
PC100E-MiniDV-Camcorder hat das Tuch während etwa 15 Minuten
gefilmt. Auf dem Video sind die Fliegenden Schatten zunächst nur
unerwartet undeutlich zu erkennen. Links ist ein Einzelbild aus
dem Video, etwa 25 Sekunden vor dem zweiten Kontakt Es zeigt zwar
schön die Falten des Tuches, aber kaum wahrnehmbar die Fliegenden
Schatten. Mit Hilfe von GIOTTO
habe ich deshalb zur weiteren Analyse 25 Einzelbilder einer
Sekunde gemittelt, den so erhaltenen unveränderlichen Hintergrund
im Sinne einer Flatfield-Aufnahme von einem Einzelbild subtrahiert
und schließlich den Kontrast des resultierenden Bildes etwa 15 -
20fach verstärkt. Auf diese Weise sind die Schattenbänder auch auf
Standbildauszügen gut zu erkennen. Details zur Bildbearbeitung
auf meiner speziellen Seite zu den Fliegenden Schatten. Leider
verstärkt dieser Methode auch das Bildrauschen sehr stark.
Die Wellenlänge der
Schattenbänder sank von anfangs etwa 45 cm (2 Minuten vor K2) über
etwa 15 cm (Bild oben, 25 Sek vor K2) auf 6-7 cm wenige Sekunden
vor dem zweiten Kontakt (s. Bild rechts). Zum Schluss waren die
Bänder unglaublich fein strukturiert. Für das rechte Bild habe ich
ein Messraster mit 50 cm Seitenlänge eingeblendet. Auffallend war
eine hohe Turbulenz in dem Bandmuster und eine recht kurze
"Überlebenszeit" individueller Bänder. Es schien mehrere
unterschiedlich schnelle Komponenten zu geben, die sich
gegenseitig überlagerten. Ich habe den Eindruck, dass die
schnellere Komponente eine deutlich höhere Wellenlänge hat. Der
Bandabstand der deutlichsten Schattenbänder ändert sich zeitlich
etwa linear zum Zeitpunkt des 2 bzw. dritten Kontaktes (s. Grafik
links).
Die Bewegungsrichtung der Schattenbänder lief
von Südwest nach Nordost entsprechend der Windrichtung. Es schien
mehrere unterschiedlich schnelle Komponenten zu geben, die sich
gegenseitig überlagerten. Ich habe den Eindruck, dass eine
gelegentlich durchs Bild huschende schwächere schnelle Komponente
eine deutlich größere Wellenlänge hatte. Die aus dem Video
gemessene Bewegungsgeschwindigkeit der Schattenbänder betrug etwa
2-3 m/s, die schnellsten Komponenten kamen auf ca. 6 m/s. Das
entsprach größenordnungsmäßig der Windgeschwindigkeit an unserem
Beobachtungsplatz. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei 1/100
s Belichtungszeit (diese Zeit hat die Automatik des Camcorders
eingestellt) und einem Bandabstand von maximal 10-15 cm kaum
wesentlich größere Geschwindigkeiten zu messen sind, ohne dass die
Schatten verwischen und unkenntlich werden. Deshalb könnte die
gemessene Geschwindigkeit bzw. Größe auch ein Auswahleffekt,
hervorgerufen durch meine Messapparatur, sein.
Youtube Video der unbearbeiteten Filmsequenz.
Kontrastverstärktes Video vor dem zweiten Kontakt.
Um den Kontrast und Änderungen der Fliegenden Schatten in ihrem
zeitlichen Verlauf noch genauer studieren zu können, habe ich mit
Hilfe von LIMOVIE
das Helligkeitsprofil eines vier Pixel großen Bildausschnittes
gemessen und weiter analysiert. Von der erhaltenen
Intensitätskurve habe ich mit der Software SPECTROGRAM
eine grafische Zeit-Frequenz-Spektralanalyse erstellt. In den
Grafiken oben ist gut zu sehen, dass sich die Fliegenden Schatten
nicht kontinuierlich entwickelten, sondern dass auf starke
Aktivität durchaus einige Sekunden mit nur geringer Aktivität
folgen können. Beispielsweise trat 30 s nach dem dritten Kontakt
eine solche Pause ein, bevor kurz darauf die Aktivität noch einmal
deutlich zunahm. In der Spektralanalyse ist der Beginn der
Aktivität übrigens schon 3 - 3,5 Minuten vor dem zweiten Kontakt
nachzuweisen, deutlich eher als man es im Videobild erkennen kann.
Einige Beobachter beschrieben sogar, dass die Fliegenden Schatten
schon 5 Minuten vor dem zweiten Kontakt auf dem Wüstenboden
erkennbar wurden.
Ein 10-sekündiges Video habe ich als MPEG2-Datei zum Download bereitgestellt (sofi2006_shb2.mpg, 487 kB von 12:26:05 - 12:26:15). In der ersten Sekunde habe ich ein Raster 50 x 50 cm einkopiert.
(Bei Wiedergabeproblemen ggf. VLC media player oder aktuellen Windows-Media-Player von Microsoft herunterladen, da MPEG-2 standardmäßig nicht unbedingt von jedem Player abgespielt wird! Oder bei vcdhelp.com den Elecard MPEG2-Codec herunterladen und installieren)
Schöne Bilder von den Fliegenden Schatten aus As
Sallum (Ägypten) hat Prof.
Kerschbaum publiziert. Wegen seiner Position etwas abseits
der Zentrallinie kommt es zu einer Drehung der Schattenbänder im
Laufe der Zeit, im Gegensatz zu den Verhältnissen bei uns.
Schon am Vortag habe ich meinen Datenlogger eingeschaltet. Er hat die Lufttemperatur in Bodennähe (10 cm), 2 m Höhe, die Windgeschwindigkeit und die Helligkeit gemessen.
Die
Temperatur ist von über 31.3 Grad (um 11:13) auf 21.5 Grad
gesunken (um 12:36 in 2 m Höhe). In Bodennähe (10 cm Höhe) von
34.5 (um 11:13) auf 21.5 Grad um 12:36.
Ich hatte den Eindruck, dass die Finsternis recht hell gewesen ist. Man konnte Kameradisplays etc. ohne Probleme lesen. In Simbabwe habe ich eine Taschenlampe benötigt.
Leider ist mein Datenlogger kurz vor der Totalität ausgefallen. So konnte ich die Helligkeit während der Totalität aus den Videoaufzeichungen und den damit mitgeschriebenen Belichtungsparametern nur grob rekonstruieren. Ich komme auf einen Wert zwischen 3 und 10 Lux, was tendenziell schon heller als in Zimbawe ist.
Die linke Grafik zeigt die Wetterentwicklung am Finsternistag. Angezeigt werden die Helligkeit in Lux, die Temperatur in 2 m Höhen und in Bodennähe (0,1m), sowie dier Wind (in relativen Einheiten). Der Finsterniswind, den der eine oder andere beobachtet haben will, konnte weder gemessen werden, noch habe ich einen solchen in unserem Camp verspürt.
Meine Daten können als CSV-file hier heruntergeladen werden.
Weitere Wetterbeobachtungen aus unserem Camp sind von Andrew J White veröffentlicht. Seine gemessene Luftfeuchte ging von 28% beim ersten Kontakt auf 24% beim vierten Kontakt zurück.
Ein Beispiel für die gute Transparenz
der Luft zeigt das linke Bild: Der Sonnenuntergang am Vorabend der
Finsternis. Gut war der sogenannte "Grüne Blitz" zu sehen, das
letzte Aufscheinen des farbigen Sonnenrandes. Die Farbe entsteht
durch Lichtbrechung innerhalb unserer Atmosphäre wie an einem
optischen Prisma.
Die die Finsternis begleitenden Sonnenauf- und
Untergänge waren alle beeindruckend und haben vielen Leuten zum
ersten Mal die Beobachtung des grünen Blitzes, hinterher auch des
Zodiakallichtes ermöglicht.
Die Messwerte wurden am Exkursionsort mit einem Psion Organiser II aufgezeichnet. Eine genaue Dokumentation des apparativen Schnickschnacks findet sich auf meiner SoFi-Organiser-Seite.
der kombinierte Wind- Helligkeits- und Temperatursensor.
Der Thermosensor befindet sich unter der
abgeschatteten Platte rechts, der Helligkeitssensor darüber
1) Helligkeit
Als Sensor dient der Chip "TSL230" (Texas Instruments), der die Lichtintensität in eine Frequenz umsetzt. Er ist unter einer Lichstreukuppel montiert und kann in seiner Empfindlichkeit durch Umstellung der Chipfläche um den Faktor 10 und 100 verstellt werden. Zusätzlich kann die Ausgangsfrequenz durch 2, 10 und 100 geteilt werden. So wird schon durch einfache Umstellung eine Anpassung des Ausgangssignals um den Faktor 10000 ermöglicht. Das Ausgangssignal selbst kann Werte zwischen weniger als einem Hz und etwa 1 MHz betragen, so dass sich ein extrem hoher Dynamikbereich des Sensors ergibt. Er liefert einen TTL-Ausgangspegel, so dass er direkt am Parallelport eines PC bzw. an meiner Hardware-Erweiterung des Organisers betrieben werden kann. Die gemessenen Frequenzen wurden in Abhängigkeit von der Empfindlichkeitseinstellung umgerechnet, auf Lux normiert und so in den CSV-Dateien abgespeichert. Die Genauigkeit beträgt ca. +- 20%.
2) Temperatur
Die Temperaturregistrierung in Bodennähe hat der Chip "LM 75" (National Semiconductors) mit einer Auflösung von 0,5° K vorgenommen. An der Mastspitze war der genauere DS 1621 mit höherer Auflösung (besser als 0,1 Grad) untergebracht.
3) Wind
Als Anemometer kam ein vierflügeliges Windrad mit horizontalen Schaufeln zum Einsatz. Genauigkeit etwa 20%, ansprechen ab etwa 1m/s Windgeschwindigkeit.
Unser gemeinsames Videoprojekt ist nun fertig. Wir konnten die Finsternis aus vielen Blickwinkeln aufnehmen. Aus dem gesammelten Material von 8 Camcordern konnte ein netter Videofilm erstellt werden, der nicht nur die Korona, sondern auch den Mondschatten, die Horizontfarben und die fliegenden Schatten zeigt. Die Mitstreiter und Filmer haben das Video schon zugeschickt bekommen. Reiseteilnehmer aus unserer Gruppe, die eine Kopie der DVD haben möchten, können mir einen adressierten gepolsterten Umschlag oder Adressaufkleber und 10 Eur Unkostenerstattung zuschicken.
Ansonsten ist unbedingt zu empfehlen die internationale englischsprachige Liste SEML (Solar Eclipse Mailing List).
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letztes Update: 20.04.2016
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