Ambitionierte
Fotoamateure
können den Erwerb eines russischen
Spiegelteleobjektives 1000 mm 1:10 als Einsteigerteleskop in
Erwägung
ziehen. Die genaue Bezeichung ist "MTO-11CA" (ein ahnlicher, aber nicht
gleicher
Typ sind als MC MTO Rubinar im Handel). Es handelt sich um
eine
Maksutov-Optik mit zwei Korrektionslinsen. Das MC Rubinar hat angeblich
eine zusätzlichliche Bildfeldebnungsoptik und soll eine etwas
höhere
Auflösung als das MTO-11CA haben.
Der Kostenpunkt auf Flohmärkten oder im Internet beträgt für das Objektiv ca. 200-350 Euro. Das gleiche muss man noch einmal für Adapter und Okulare ausgeben, und man hat ein brauchbares kompaktes Spiegelteleskop (ohne Stativ und Montierung!). Leider ist die Schärfe bei hohen Vergrößerungen nicht optimal, 100- bis150fach ist die absolut erträgliche Obergrenze. Die Russentonne ist für die Planetenbeobachtung also weniger geeignet, aber sie ist ein nettes Reise- und Leitfernrohr. Für fotografische Anwendungen fallen diese Mängel praktisch nicht ins Gewicht, sie ist ein gutes Teleobjektiv (Kameraanschluss Schraubgewinde M42 * 1). Zur Fotografie einer totalen Sonnenfinsternis, zumindest mit Analogkameras ist sie sehr gut geeignet! Das scheint sich mittlerweile auch herumgesprochen zu haben, so dass der Markt fast leergefegt ist, bzw. die Preise deutlich angezogen sind. Für moderne hochauflösende Digitalkameras ist die Schärfe aber u. U. nicht ganz ausreichend, so dass man wesentlich tiefer in die Tasche greifen muss, will man optimale Ergebnisse produzieren.
Übrigens soll der entfernbare M42-Anschluss durch den Bajonetteil jedes beliebigen T2-Adapters ersetzt werden können, so dass die Russentonne auch an anderen modernen Kameras ohne weiteres verwendbar ist!
Im visuellen Beobachtungsbetrieb ist die Fokussierung über das Verdrehen des vorderen Tubusteiles recht lästig. Es geht bei hohen Vergrößerungen nicht sehr feinfühlig und verstellt gerne das Objekt, vor allen bei weniger soliden Stativen!
Leider ist die Optik der preiswerten Russentonnen praktisch immer verspannt. Durch Lockern der Verschraubungen aller optischer Fassungen kann man die Qualität meist jedoch beträchtlich steigern! Ohne diese Einstellung ist die Qualität für visuelle Beobachtungen oft sehr enttäuschend bis unbrauchbar! Das heißt: wer sich nicht daran traut und keinen kennt, der so etwas macht, sollte die Finger von diesem Gerät lassen, oder man kauft sich die teure A-Code-Serie. Letztere kostet locker 100 Euro mehr und soll nach Markus Ludes nichts anderes als eine entspannte "Normaltonne" sein.
Das Rubinar ist per se nicht besser, es soll durch sein optisches Design (mehr Linsen als das reine Maksutov MTO-11CA) aber anfälliger für Reflexe sein, nach erfolgter Justierung jedoch ein geringfügig besseres Bild geben. Rubinar und/oder MTO gibt es übrigens auch in kleineren Versionen (300 und 500 mm Brennweite).
Ziel ist die Entspannung der in der regel zu fest eingebauten optischen Komponenten
1) Einstellung der Maksutovplatte. Einfach mit einem breiten Flachschraubendreher den vorderen Ring, der die Platte hält, so weit lösen, dass die Maksutovplatte gerade noch nicht wackelt.
2) Wenn ein unscharf
eingestellter
Stern statt eines runden Ringes etwa
"dreieckig" oder elliptisch erscheint, dann sollte die
Hauptspiegelfassung
noch justiert werden. Dazu muss man die hintere Spiegelabdeckung durch
Lösen der kleinen Madenschraube(n) des hinteren
großen Tubusdeckels
und Abschrauben des Deckels freilegen. Man sieht den Hauptspiegel von
hinten,
der mit einem Federring an drei Auflagen fixiert wird. Dieser Federring
kann
auch durch Lockerung eines Schraubringes so wie an der Frontplatte auch
entspannt
werden. Eventuell lohnt es sich, durch eine Drehung der Auflagen um ca
60
Grad (ausprobieren!) die Abstützung des Spiegels zu
verbessern. Man
kann dadurch versuchen, die dreieckige Bilddeformation zu beseitigen.
Dieser Schritt ist meist der effektivste bei der Justierung.
To
relax the
mirror, remove the grub screws fixing the rear cap of the
tube, so
that you van unscrew it. Remove the cap, containing the M42 camera
screw mount and the field corrector lenses with the black cone tube.
Mind dust falling into the tube or onto the optic surfaces.
Then you will see the
mirror's back,
pressed with a spring ring to its support (which is on the front side
of the mirror). Relax this spring ring by unscrewing it so far, that
the mirror is just not rattling and moving in its mount, the assemble
the tube again and check your result.
3) Zuletzt kann man noch die Fassung der Korrektionslinsen hinten etwas lockern. Meistens ist das jedoch nicht mehr erforderlich.
Nicht nötig sind diese
Einstellung bei den gelegentlich angebotenen handgeprüften
"A-Code"
Serie-Geräten. Preislage um bzw. über 300 Euro....
Man erkennt sie an der entsprechenden Messingplakette mit
Prüfnummer
auf dem Rückdeckel.
Zum
visuellen Beobachten speziell mit einem
Zenitspiegel sollte
man außerdem die Focuslock-Sperrschraube
(Bild links)
entfernen, die die
Fokussierung
auf den Bereich zwischen einigen Metern und unendlich begrenzt. Sonst
kann
es passieren, dass man das Bild im Okular nicht scharf bekommt. Die
Schraube sitzt neben der unteren
Stativfassung (die für das Breitformat), manchmal kann man sie
auch
innen in den Tubus hineinragen sehen. Als Feuchtigkeits- und
Staubschutz
würde ich das Loch dann mit einer kürzeren
M3-Schraube wieder
verschließen. Aber Vorsicht, ohne die Schraube kann man auch
versehentlich
den ganzen vorderen Teil abschrauben! Beim Rubinar sollen diese
Schrauben
übrigens unter der vorderen Gummiarmierung stecken.
Nach erfolgreicher Justierung ist die Bildqualität meist brauchbar, wenn auch nicht hochklassig. Man kann recht gut Saturnringe, Jupiterbänder, Mondkrater, Doppelsterne bis unter 2 Sekunden Distanz etc. erkennen. Auf Grund der nicht besonders hohen Öffnung von 100 mm (abzüglich Obstruktion durch den Fangspiegel) ist die Russentonne für Deep-Sky-Beobachtungen sicher nicht die erste Wahl.
Eine bebilderte Anleitung zur
Justierung gibt es übrigens von
Michael
Mushardt.
Was man sonst noch
für die Nutzung als vollwertiges
Fernrohr benötigt (s. Bild
links):
Zusätzlich sind noch notwendig: ein Okularadapter, Okulare, Zenitspiegel, Montierung, Stativ, Sucher, ....
Fazit: Wer dieses Zubehör nicht sowieso schon hat (Anfänger!) oder als ambitionierter Fotograf das Gerät als Teleobjektiv nutzen möchte, der sollte sich nach einer Russentonne nicht unsehen. Denn wenn man sich erst alles Zubehör zusammenkaufen muss, dann ist es nicht mehr billig und das Preis/Leistungsverhältnis schlecht. Ich würde dann einem (guten!) 114 mm-Spiegel den Vorzug geben.
Beispiel für eine Russentonnenmontierung von Frank Schäfer ("Volksmaksutov")
Einen ausführlichen Artikel über die Justage der Russentonne und ihre Eignung als Teleskop hat Bernd Weisheit in "Sterne und Weltraum" 2/2002, S. 73-77 veröffentlicht.
Im Strahlengang befindet
sich hinten nahe des Kameragewindes ein Linsenpaar
mit einem Dinstanzring (Bild
rechts). Ohne diese Linsen, die im
wesentlichen wie eine
brennweitenverlängernde Barlowlinse wirken, liegt die
Brennweite bei
etwa 710 mm. Sie haben eine
Korrektorfunktion,
um z. B. die unvermeidliche Bildfeldkrümmung zu beseitigen und die
Vignettierung zu vermindern. Orientierung der Linsen im Original: Dicke
Linse nach vorne zur Tubusöffnung, plane
Seite nach vorne (konkave Seite zur Kamera), Abstandsring, dünne Linse
zur Kamera mit planer Seite nach vorne und konvexer Seite zur Kamera.
Das
Kleinbild-Gesichtsfeld wird auch ohne die Korrektorlinsen noch
gut randscharf und mit moderater Abschattung abgebildet (es muss
allerdings
die Sperrschraube der Fokussierung entfernt werden, sonst bekommt man
für
"unendlich" keine scharfe Abbildung). Für Beobachtungen von
ausgedehnten Deep-Sky-Objekten wäre eine
kürzere Brennweite tatsächlich nicht schlecht... Mit hochauflösenden
Digitalkameras bemerkt man allerdings schon, dass die
Schärfe, die sich mit Korrektor gleichmäßig über das Bildfeld verteilt,
an den Rändern nach Ausbau des Korrektors etwas
absinkt, sie ist bei Astroaufnahmen aber durchaus gut
befriedigend.
Links
sehen Sie eine Plejadenaufnahme mit der modifizeriten 100 / 710 mm
MTO-Russentonne ohne Korrektor. Ein Klick in die Grafik vergrößert das
Bild, die Insets sind dann 100% Originalgröße, der Rest 25%.
Die Vignettierung der Bildecken habe ich mal nachgemessen:
Dichteverhältnis eines Dias
(Fujichrome Sensia 100) Rand:Mitte = 1,25 : 1 (mit Korrektor)
Rand:Mitte = 1,61 : 1 (ohne Korrektor)
Für
APS-C Digitalkameras (Gemessen mit Canon EOS 450D):
Intensitätsverhältnis Mitte : Rand 1,14 : 1 (mit Korrektor)
und
Mitte : Rand 1,24 : 1 (ohne Korrektor, also vergleichbar mit der
Korrektorversion im Kleinbildformat).
Das ist nichts gegen kommerzielle
Geräte wie Comet Catcher und andere
unterdimensionierte Newtons!
Großangelegte fotografische Versuche mit Deep-Sky-Objekten habe
ich allerdings
noch nicht durchgeführt.
Nach Entfernung der Sperrschraube kann man die Brennweite im übrigen auch verlängern. Indem man z. B. in Form von Zwischenringen am Abschlussgewinde (M42) eine Verlängerung um ca. 10 cm anbringt verdoppelt man die Brennweite. Schön für Sonnen- und Mondfotos!
Die erwähnte Focuslock-Sperrschraube ist eine M3-Madenschraube. Sie sorgt für den Anschlag der Fokussierung bei "unendlich" und verhindert ein Herausdrehen des vorderen Teiles. Sie liegt bei den meisten MTOs neben einem der Stativadapter und ist auch von vorne durch den Maksutovmeniskus samt Anschalg zu erkennen (zumindest, wenn man weiß, wo sie sitzt ;-). Zum Beobachten mit Zenitprisma oder im Betrieb ohne Korrektor ist deren Entfernung notwendig, sonst bekommt man kein scharfes Bild. Beim Rubinar muss man den gesamten vorderen Teil abschrauben, um die Sperrvorrichtung zu entfernen.
Ein viel beklagtes Problem ist die für ein 1000-mm.Objektiv zu schach dimensionierte Stativmutter. Es gibt viele Verbesserungsvorschläge in der Szene. Mein Vorschlag:
Links:
Eine
6 mm starke Stahlplatte (Baumarkt) wird mit etwas
längeren als den originalen M3-Schrauben auf die
ursprüngliche
Platte montiert. Die 3/8-Zoll-Mutter bleibt zugänglich
für die
Montage mit einer entsprechenden stabilen 3/8" Stativschraube.
Rechts: Zur besseren und breiteren Abstützung auf dem Objektivtubus sind am rückwärtigen Ende noch zwei Stützschrauben (Pfeile) eingebaut.
Außerdem lockert
sich mit der Zeit der Kameraadapter. Ich habe die
Madenschrauben gegen drei M3-Zylinderkopfschrauben ausgetauscht. So ist
er
leicht zu fixieren auch bei Bedarf zu lösen und zu drehen, um
die Kamera-
bzw. Bildausrichtung an das Motiv optimal anzupassen. Diesen
M42-Kameraring kann man übrigens häufig gegen den
hinteren
Teil eines T2-Ringes ausstauschen. Ich habe z. B. oft einen
Pentax-Adapter
aus einem T2-Ring anstelle des originalen M42-Ringes montiert.
Will man ein 1.25" -Okular an
der
Russentonne montieren, braucht man einen
Adapter von M42 auf 1.25 Zoll. So etwas gibt es z. B. bei
TS
unter der Bezeichnung M42-125z.
Wie
oben schon erwähnt, gibt es neben dem MTO 11 CA das MC
Rubinar 10/1000 mit gleichen Optischen Eckwerten sowie die
kleinen Brüder MC
Rubinar 5,6/500 und MC Rubinar 4,5/300 (Bild rechts) des
Rubinars.
Auch das MTO 11 CA hat einen
kleinen
Bruder: MC 3M-5CA mit 8/500 mm Brennweite (Bild links). Diese
kürzerbrennweiteigen Objektive sind weniger als Fernrohrersatz
interessant, sondern wegen ihrer vergleichsweise guten
Abbildungsqualität bei günstigem Preis vor allem für
(Astro)-Fotografen.
Anhang einer kleine Bildsequenz möchte ich die Zerlegung und Justage des Rubinar 300 mm zeigen.
Der
Fokusring kann entfernt werden, wenn man die Fokuslock-Schraube
entfernt, die sich unter der Rändel-Gummimanschette des
Fokusringes befindet. Um das Einfallen von Staub in die Otik zu
vermeiden, empfiehlt sich der Verschluss z. B. mit Klebeband. Durch
Lösen der drei Madenschrauben (Pfeil, Bild links) nahe des
hinteren Rändelringes kann dieser entfernt werden. (Bild
rechts). Um den hinteren Ring abzuschrauben, müssen wiederum drei
Rändelschrauben entfernt werden (Pfeil).
Nun
sieht man den Spiegel von hinten und kann seine Fassung vorsichtig
etwas lösen. Der Spiegel ist an vier Punkten mit Silikon an seinem
hinteren Fassungsring befestigt.
Anschließend kann das Objektiv wieder zusammengebaut werden. Die
Abbildungsqualität am Stern: vorher (links) und hinterher (rechts)
Der Astigmatisch ist zwar
nicht völlig verschwunden, aber doch deutlich geringer geworden.
Auch
das 300er Rubinar hat einen Korrektor, allerdings einen einlinsigen.
Spaßeshalber habe diese Linse entfernt und Testaufnahen gemacht. Das
Ergebnis ist wenig überzeugend, denn in den Bildecken gibt es absolut
untolerable Fehler, siehe Ausschnitt links (1:1 mit EOS 450D). Also
schnell wieder einbauen, schön mit der konkaven Seite nach vorne und
der konvexen zur Kamera!
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