Reinigung von Astrooptiken

von Dr. Wolfgang Strickling


Grundregel: im Zweifelsfall lieber nicht reinigen!!

Man macht auf Dauer mehr kaputt als gut. Ein Fingerabdruck oder ein paar Staubkörnchen haben absolut keinen Einfluß auf die Bildqualität. Montierte Fernrohre oder Okulare bzw Objektive sollte man tunlichst nicht demontieren! Falsch montierte oder dezentrierte Optiken sind schlimmer als dicke Staubschichten! Auch weggeputzte Vergütungen und Mikrokratzer gehen mehr auf den Kontrast als irgendwelche anderen "Schönheitsfehler"!

Am besten ist natürlich, von vorneherein Verschmutzungen zu vermeiden. Da helfen Deckel und der Verschluß sämtlicher Fernrohröffnungen bei Nichtbenutzung. Verlorengegangene Verschlüsse von Okularauszügen (1 1/4 Zoll) kann man gut durch ein ausgedientes Filmdöschen ersetzen!
Geschlossene Optikteile (Schmidt-Cassegrain-Tubus, Objektive, Okulare etc.) sollte man tunlichst auch verschlossen lassen. Meistens hat man sonst nach dem Zusammenbau mehr Staub drin als vorher, es sei denn man verfügt über einen Reinstraum...
Vom Spaß, ein dejustiertes Optikteil wieder hinzukriegen, wollen wir einmal ganz schweigen.

Bei der Beseitigung von Schmutz sollte man unterscheiden zwischen Fettablagerungen, z. B. durch Fingerabdrücke oder Talg der Augenwimpern auf Okularen, und Staub.
Letzteren beseitigt man am besten mit einem kleine Luftpüster (nicht blasen, Speicheltröpfchen!!) oder einem seehr weichen, großen Pinsel, der exklusiv für solche Anlässe verwendet wird.

Gegen Fettablagerungen auf Okularen z. B. von Augenwinpern hilft evtl., die Linse mit etwas Alkohol (Spiritus oder besser Isopropanol aus der Apotheke) vorsichtig abzuwischen. Auf keinen Fall mit Optiktüchern o. ä. reiben, das ist Gift für die Vergütung! Fingerabdrücke sollten allerdings, wenn es mal passiert ist, schon entfernt werden, denn die Vergütung quittiert wochenlang eingetrocknete Abdrücke mit Auflösungserscheinungen.

Aber Vorsicht bei Kunststoffteilen! Und nicht das Okular in der Flüssigkeit "baden", dann zieht sie in die Fassungen oder zwischen die Linsen und macht dort mehr kaputt als gut! Ein weiches fusselfreise Tuch leicht mit dem Alkohol angefeuchtet sollte Fettablagerungen und Fingerabdrücke schnell beseitigen.

Tau oder Beschläge in kalten Nächten auf keinen Fall abwischen, sie wird doch sofort wieder beschlagen! Lieber die Optik föhnen oder Okulare in der (sauberen!) Hosentasche anwärmen. Besser noch ist ein angewärmter Okularkoffer, dann kommt es auch in kalten Nächten nicht zum Beschlagen der Okulare. Als Heizung eignet sich prima ein Taschenofen aus Outdoor- oder Jagdgeschäften. Kostet im Doppelpack ca. DM 25,- und hilft auch prima gegen kalte Pfoten in Winternächten. Gibt's mit Holzkohlenheizung oder mit Feuerzeugbenzin.

Vorbeugend gegen Tau auf Objektiven und Schmidtplatten sind evtl. beheizte Taukappen (Bastelanleitung z. B. in G. D. Roth: Handbuch für Sternfreunde)

Spiegel von Newton-Teleskopen sind dagegen alle paar Jahre mal zur Reinigung fällig. Die besten Erfahrungen habe ich mit folgendem Rezept gemacht:

Fingerringe, Uhren, Piercings ;-)  und sonstige potentiell kratzende Metallteile der oberen Extremitäten ablegen.
Die Spiegel ausbauen und in handwarmer verdünnter Spülilauge den Schmutz einweichen lassen. Nach ein paar Minuten können die Ablagerungen mit einem weichen Pinsel im Wasserbad (also auf jeden Fall unter Wasser!) sanft weggewischt werden. Anschließend wird die Lösung mit destilliertem Wasser abgespült.
Zum Abtropfen und Trocknen stelle ich den Spiegel danach senkrecht auf ein Handtuch. Wasserfilm nicht mit dem Mund wegblasen (Speicheltropfen)! Eher einen kalten Föhn verwenden.

Zur anschließend notwendigen Justierung siehe mein Aufsatz "Justierung von Newtonteleskopen".

Trotz guter Pflege ist der Spiegel aber, je nach Benutzung, alle 5 bis 20 Jahre neu zu verspiegeln. Für den Amateur kommen folgende Firmen dazu in Betracht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Befort in Wetzlar, Crelle in Berlin, Tafelmaier in Rosenheim.
Wichig: darauf bestehen, daß der alte Belag fachgerecht und komplett vorher entfernt wird!
Man muss allerdings berücksichtigen, dass sich Oxidschäden der Oberfläche durch zersetzte Altbeläge nicht entfernen lassen und nach der Verspiegelung entsprechend sichtbar sind.

Schmidt-Cassegrain-Teleskope sollte man wegen deren Justieranfälligkeit auf keinen Fall zerlegen. Dann werden einem mit Sicherheit irgendwelche Korkstückchen hinter der Schmitplatte entgegenrieseln, deren Position hinterher nicht mehr zu rekonstruieren ist... Der eine oder andere Staubkorn auf dem Spiegel mach dagegen nichts aus!


Andere Amateure haben gute Erfahrungen mit Kollodium gemacht. Das gibt's in Apotheken, allerdings zu einem relativ hohen Preis (ca. 45 DM für 250 ml). Ich gebe diese Einzelheiten mit Vorbehalt wieder, da sie nicht auf eigenen Erfahrungen beruhen.

Die Reinigung verläuft recht einfach: Kollodium dünn auf die zu reinigende Fläche verteilen und warten, bis es vollständig austrocknet. Dabei bildet sich ein Film, der sich zum größten Teil selbständig ablöst. Notfalls soll man mit etwas Tesafilm nachhelfen.

Der Vorteil dieser Methode ist, dass man die Optik berührungsfrei reinigen kann und man nicht mit Pinseln, Lappen oder ähnlichem auf der Optik traktieren muss.

Aber Vorsicht: Kollodium enthält Äther, der sehr leicht entflammbar ist. Deshalb auf gute Belüftung achten! Außerdem löst Äther wunderbar Kunststoffteile an, deshalb sollte man keine montierten Optiken damit traktieren. Im Internet war kürzlich der Erfahrungsbericht eines verzweifelten Nutzers zu lesen, der sich an seinem C8 den Tubus und die Fangspiegelhalterung (Kunststoff!) durch den Äther ruiniert hat!


© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91

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