Fernrohrokulare und okularseitiges Zubehör

von Dr. Wolfgang Strickling

Diese Einführung soll dem Einsteiger einen Einblick in die Vielfalt der Fernrohrokulare und des okularseitigen Zubehörs geben. Da ein Teleskop nie besser als seine Okulare ist, lohnt es sich oft, sich erst einmal nach einem Satz guter Okulare umzusehen, bevor man sich ein neues Fernrohr zulegt.

Inhaltsverzeichnis:

Eigenschaften und Anforderungen an Okulare:

Überblick über die Okulartypen einschließlich Zoomokularen
Praktische Erwägungen beim Okularkauf
Spezialokulare: Fadenkreuz-, Mikrometer- und "Elektronische" Okulare
Barlowlinsen und Shapleylinsen
Filter
Zenitprismen/ -Spiegel
Binokularansätze

Wichtiges Kapitel: die Reinigung
Weiterführende Infos und Hotlinks


Okulare: Eigenschaften und Anforderungen

Das Okular hat die Aufgabe, das von Fernrohrobjektiv erzeugte Bild wie eine Lupe bequem sichtbar zu machen.

refrakt.gif 3,5 KB Abb. 1:
Strahlengang im astronomischen Fernrohr

An das Okular werden folgende Anforderungen gestellt:

1. Vergrößerung des Fernrohrbildes

Die Vergrößerung errechnet sich einfach aus folgender Formel:

   Vergrößerung = Objektivbrennweite / Okularbrennweite

Wichtigste Kenngröße zu Ermittlung der Vergrößerung ist neben der festen Objektivbrennweite die Brennweite des Okulares, die meistens in die Fassung eingraviert ist. Um verschiedene Vergrößerungen an seinem Fernrohr zu bekommen, braucht man also  lediglich verschiedene Okulare. Mit einer entsprechenden Brennweitenkombination ist also theoretisch jede beliebige Vergrößerung realisierbar, ob sie nun sinnvoll ist oder nicht.

Manchmal findet man, besonders auf Flohmarktokularen, nicht die Brennweite, sondern direkt eine Vergrößerung aufgedruckt. Solche Okulare stammten in der Regel von Mikroskopen, und die Zahl gibt die Eigenvergrößerung des Okulares  bei Verwendung als Lupe wieder. Die Brennweite errechnet sich dann wie folgt:

       Brennweite = 250 mm / Eigenvergrößerung

Ein Okular mit 10x Eigenvergrößerung  hat also 25 mm Brennweite.

Mehr über die Vor- und Nachteile verschiedener Vergrößerungen  und zur Fernrohrtheorie steht in meinem Skript über Teleskope!

Die Austrittspupille

okular.gif 3 KBAbb. 2:
Okular mit Feldblende und den Randstrahlen zweier Sternabbildungen (rot  am Rand und blau mittig), die sich wieder in der Austrittspupille treffen. Die Austrittspupille ist letztlich nur ein verkleinertes Abbild des Fernrohrobjektives (der sog. Eintrittspupille). 


Für die Eigenschaften eines Fernrohres ist oft die sogenannte Austrittspupille wichtiger als die Vergrößerung selbst. Aus dem Objektivdurchmesser bzw. der Öffnungszahl N  (= Objektivbrennweite / Durchmesser) und der Vergrößerung kann man den Durchmesser der Austrittspupille schnell berechnen:

   Austrittspupille = Objektivdurchmesser / Vergrößerung 
  oder Austrittspupille = Okularbrennweite / N

Die Austrittspupille ist jener kleine Kreis, den man aus etwas größerer Entfernung (mindestens ca. 30 cm ) beim Blick durchs  eingesteckte Okular sieht und in die man die Augenpupille bei der Beobachtung bringen muss. Der Durchmesser der Austrittspupille sollte nicht größer als die Augenpupille sein, da das Auge sonst einen Teil der Lichtsammelleistung des Fernrohres ausblendet und nutzlos verschenkt. Außerdem fängt bei zu großer Austrittspupille bei Spiegeltelskopen der Fangspiegelschatten an zu nerven.
Faustregel: die Augen Jugendlicher und junger Erwachsener öffnen sich bei maximaler Anpassung an die Dunkelheit auf ca. 7  - 8 mm, Senioren kommen etwa auf 3 -5 mm und "Mittelalte" liegen je nach Alter irgendwo dazwischen. Ab dem 40. - 50. Lebensjahr kann man von einem Verlust von 1 mm Pupillendurchmesser pro Lebensjahrzehnt rechnen. Deshalb gibt es ein individuelles altersabhängiges unteres Limit für die Minimalvergößerung bei gegebenem Fernrohr!

2. großes Gesichtsfeld

Natürlich möchte man von seinem Beobachtungsobjekt einen möglichst großen Ausschnitt des Himmels sehen. Mit zunehmender Vergrößerung wird der am Himmel sichtbare Ausschnitt normalerweise immer kleiner. Man kann allerdings durch Verwendung eines Weitwinkelokulares das Gesichtsfeld bei gleicher Vergrößerung gegenüber einem Standardokular erhöhen. Außerdem wirkt bei großem Gesichtsfeld der Bildeindruck wesentlich realistischer und man hat nicht den berüchtigten "Tunnelblick". Natürlich sollte das größere Gesichtsfeld nicht auf Kosten der Qualität (Randschärfe, Farbreinheit und Kontrast) gehen. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer!

gesichts.gif 2 KB Abb. 3:
Wahres Eigengesichtsfeld, entsprechend dem Feldblendendurchmesser D
und scheinbares Gesichtsfeld, entsprechend dem Winkel W

Man sollte hier genau zwischen wahrem Eigengesichtsfeld (im mm in der Brennebene oder nach Umrechnung in Bogenminuten am Himmel) und dem scheinbaren Gesichtsfelddurchmesser, der beim Durchblick erkennbar ist, unterscheiden. Das Eigengesichtsfeld wird durch die sog. Feldblende des Okulares begrenzt. Es ist durchaus möglich, dass zwei Okulare gleicher Brennweite und mit gleichem wahren Eigengesichtsfeld unterschiedliche scheinbare Gesichtsfelder produzieren! In diesem Fall hat dann dasjenige mit dem größeren scheinbaren Gesichtsfeld nur eine größere kissenförmige Verzeichnung (siehe unten). Bei solchen Okularen handelt es sich also eine reine Mogelpackung! Trotz scheinbar größerem Gesichtsfeld sieht man nicht wie erwünscht mehr am Himmel! Auf diese Weise wird von einigen Firmen, die Weitwinkelokulare verkaufen, ganz schön Schindluder und Werbung getrieben: Also Augen auf beim Okularkauf und immer genau vorher testen  und messen!

Tabelle 1:
gebräuchliche Werte für scheinbare Gesichtsfelddurchmesser:
Einzellinse ca. 25 º
Huyghens 40 º
Orthoskopische, Eudiaskopische < 40 - 55 º
Weitwinkel 60 - 70 º
Erfle 60 º
Gen III, Televue Widefield 65 º
Panoptic 68 º
Meade SWA 68 º
Ultraweitwinkel 80 - 90 º
Nagler, Meade UWA, (Unitron) Widescan > 80 º

Zu beachten ist auch, dass ein 40 mm Weitwinkelokular schon eine größere Feldblende als 1¼ Zoll besitzen muss, so dass es konstruktiv nicht mehr in den 31,8 mm Steckanschluss passt. Wer damit beobachten will, braucht also einen Zwei-Zoll-Okularauszug! Ansonsten bietet Zwei Zoll keinen Vorteil, auch wenn der hohe Preis oder div. Händler anderes suggerieren.

Eine Faustregel als Näherung für die Größe des wahren Gesichtsfeldes am Himmel  gibt folgende Formel:

     Wahres Gesichtsfeld = 50 Grad / Vergrößerung

Sie gilt für ein durchschnittliches Okular mit etwa 50 Grad scheinbarem Gesichtsfeld, bei Weitwinkelokularen darf man etwas mehr erwarten.

Der Okularanschluss

Der Anschlussdurchmesser der Okularfassung muss natürlich zum fernrohrseitigen Okularauszug passen. Z. Z. am gebräuchlichsten sind die Fassungen mit 1¼ Zoll (31,8 mm) Durchmesser und 2 Zoll bei größeren bzw. besseren Fernrohren. Ein Zwei-Zoll-Auszug hat den Vorteil, dass daran Kameras ohne Vignettierung (Randabschattung) befestigt werden können und langbrennweitige Weitwinkelokulare verwendet werden können. An kurzbrennweitigen Fernrohren für visuelle Nutzung bietet er i. d. R wenig Vorteile.  Es gibt auch Konverter von einem größeren Auszug zu kleineren Okularen (z. B. von 2 Zoll auf 1¼). Der umgekehrte Weg ist natürlich Unsinn, er würde nur Vignettierung einbringen.

Nicht aufs Glatteis führen lassen sollte man sich von den gelegentlich kursierenden Gerüchten, Zwei-Zoll-Okulare seien prinzipiell besser oder lichtstärker als 1¼ Zoll-Okulare. Außer bei langbrennweitigen Okularen (so ab 30 oder 40 mm) oder sehr schweren Okularen, wo der 1¼ Zoll-Anschluss geometrisch schlichtweg zu klein und oft nicht stabil genug ist, bieten 2-Zoll-Modelle für sich keinen besonderen Vorteil.

Die Anschlussdurchmesser 31 mm und das System 64 wurden (werden?) von Zeiss bzw. Lichtenknecker vertrieben und laufen so allmählich aus. Ebenso das alte Zeiss-Bajonettsystem. International gebräuchlich sind wie geschrieben 1¼" und 2" Systeme, deshalb gibt es dafür auch das reichhaltigste Zubehör. Das alte 24, 5 mm System findet noch bei vielen billigen "Kaufhausteleskopen" Verwendung. Da man dafür aber kaum noch hochwertige Okulare und Zubehörteile bekommt, sollte man auf den Erwerb solcher Schätzchen eher verzichten. Aus alten Mikroskopen können einem noch evtl. Okulare mit 24 mm Durchmesser in die Hände fallen. Sie haben aber meist eine sehr schlechte Qualität.

3. Verzeichungsfreiheit

Verzeichnung bedeutet, dass ein Raster aus geraden Linien im Durchblick durchs Okular verzerrt abgebildet wird. Meist handelt es sich um die sog. kissenförmige Verzeichnung: Eigentlich gerade Linien werden zu den Bildecken hin spitz nach außen gebogen verzerrt dargestellt.

verzeich.gif 2 KB Abb. 4:
Verzeichnung: links unverzeichnete Abbildung, rechts das gleiche wahre Gesichtsfeld kissenförmig verzeichnet
.
Weitgehend verzeichnungsfreie Okulare heißen auch orthoskopischen Okulare. Viele Weitwinkelokulare oder Ultraweitwinkel haben dagegen recht abenteuerliche Verzeichnungen! Der Mond am Bildfeldrand sieht dann aus wie ein Osterei und Sternfelder werden deutlich sichtbar verzerrt dargestellt!
Man kann auch sagen, dass in solchen Fällen die Vergrößerung am Rand höher als in der Mitte ist.

4. Farbreinheit

Eine einzelne Linse erzeugt Farbsäume um kontrastreiche Objekte und Sterne. Deshalb sind praktisch alle Linsensysteme in Fernrohren aus mindestens zwei Einzellinsen zusammengesetzt. Beim Kauf sollte man trotzdem beachten, ob ein Okular frei von Farbfehlern ist, vor allem am Rand! Auf Flohmärkten werden oft recht billige Weitwinkelokulare in einfacher Bauart nach Erfle angeboten, die oft aus Feldstechern oder anderen Optiken ausgebaut wurden. Ihre Abbildung am Rand sieht oft recht grausig aus!

Recht gut schneiden dagegen orthoskopische Okulare ab. Aber auch die einfachen Zweilinser wie Huygens, Mittenzwey oder Kellner (letzterer ist strenggenommen ein Dreilinser) sind unter diesem Aspekt nicht schlecht.

5. Kontrast

Natürlich soll das Bild möglichst kontrastreich sein. Hier haben System aus wenigen Linsen und guter Vergütung Vorteile gegenüber den viellinsingen "modernen" Weitwinkelokularen. Wer am Mond oder Planeten das letzte aus seinem Fernrohr herausquetschen will, fährt also mit einem guten Plössl o. ä. besser als mit den teuren Weitwinkelkonstruktionen!

6. Einblickverhalten

Natürlich möchte man bequem in sein Okular blicken. Vor allem Brillenträger sind auf einen gewissen Abstand zwischen Auge, das an der Austrittspupille des Okulares platziert wird, und der hintersten Okularlinse des Okulares angewiesen. Gerade kurzbrennweitige Okulare bieten das aber nicht. Man kann als Faustregel sagen, dass der Augenabstand bei einfachen Okularkonstruktionen in der Größenordnung wie die Brennweite liegt.

Bei sehr kurzbrennweitigen Okularen für hohe Vergrößerungen bedeutet das, dass man fast in das Glas hereinkriechen muss. Ca. 10 mm Brennweite sind selbst für Normalsichtige die untere Grenze der Bequemlichkeit.

Um diesen Nachteil auszugleichen, gibt es in einige Okulare fest eingebaute Barlowlinsen, die die Fernrohrbrennweite künstlich verlängern. Solche Okulare werden z. B. als LV (Long View) Okulare mit konstant 25 mm Augenabstand für alle Brennweiten angeboten. Eigentlich Sinn macht das aber nur bei den kurzen Brennweiten, ein 30 mm LV-Okular ist meiner Ansicht nach ein ziemlicher Verkausfsgag, denn das schafft jedes 30er Plössl fast von selbst. Meiner Meinung nach lässt die Leistung der LV-Okulare im Verhältnis zum Preis auch etwas zu wünschen übrig (ich finde sie einfach schlecht bis mangelhaft für den Preis). Aber wer absolut die 25 mm Abstand haben will, der muss es halt nehmen....
Ob die LV-W Serie besser abschneidet, müssen noch Tests zeigen.

Hier werden von der Werbung ganz gerne Brillenträger angesprochen. Wer aber einfach nur kurz- oder weitsichtig ist, kann die Brille zum Beobachten am Teleskop getrost weglassen, denn man kann mit der Fokussierung trotzdem ein perfektes scharfes Bild bekommen. Nur Beobachter mit stärkerem Astigmatismus (Zylinderanteil mehr als 1 dpt) haben bei größeren Austrittspupillen  (einige mm und mehr) Schwierigkeiten. In diesem Fall würde ich mir aber vielleicht lieber Kontaktlinsen zulegen (ist evtl. auch billiger!), als die wenig taugliche Kombination aus schrottigen High-Price-Okularen + Brille!

Beim Test von Okularen sollte man also darauf achten, dass die Austrittspupille einerseits gut zugänglich ist (besonders bei kurzbrennweitigen Linsen) und andererseits nicht irgendwo im Nirwana in der Luft hängt (bei langen Brennweiten). Im letzteren Fall tanzt man mit dem Auge stets um die Austrittspupille herum und sucht sein Bild. In solch einem Fall sollte eine Augenbrauenauflage oder wenigstens eine Gummiaugenmuschel Pflicht sein.

7. Vergütung:

Eine unbehandelte polierte Glasfläche reflektiert etwa 5 Prozent des Lichtes wieder. Um dadurch bedingte störende Reflexe, Lichtverluste und  Kontrastminderungen zu vermeiden, werden praktisch alle Linsen vergütet (=entspiegelt).

Früher gab es oft die bläulich schimmernden MgF2-Schichten mit ca. 2-3mal weniger Reflexverlusten. Heute ist das nicht mehr Stand der Technik. Statt dessen werden die wesentlich härteren und besseren Mehrschichtvergütungen verwendet. Man erkennt sie beim Kauf an den schwachen roten oder grünlichen Reflexen.

Vorsicht beim Putzen: die Vergütung ist schnell weg!!

8. Preis :-(

Da gibt es von ein paar Euro auf dem Flohmarkt bis zu einigen Tausend Euro eine beliebige Preisspanne. Sehr langbrennweitige Okulare mit entsprechend großen Linsen (2 Zoll) oder aufwändig korrigierte Weitwinkelokulare sind natürlich am teuersten.


Gebräuchliche Typen von Okularen:


Praktische Erwägungen beim Okularkauf

Zu einem vernünftigen Teleskop gehört ein Satz guter Okulare, die sinnvoll abgestufte Vergrößerungen erlauben. Für Anfänger langen drei Okulare, eines für die Minimalvergrößerung mit langer Brennweite, eines für eine hohe Vergrößerung in der Nähe der Maximalvergrößerung und eines dazwischen.
Das Okular mit der längsten Brennweite, also der schwächsten Vergrößerung sollte 5 - 7 mm Austrittspupille liefern.
Für die Maximalvergrößerung (etwa dem ein bis zweifachen des Objektivdurchmessers in Millimetern) strebt man i. d. R. Austrittspupillen um 1 mm bis 0,5 mm an.

1) Langbrennweitige Okulare:

Ziele:
- niedrigste Vergrößerung, damit
- maximales wahres Gesichtsfeld
- höchste Lichtstärke (Augenpupille maximal ausgenutzt)

Wer weniger Wert auf ein großes scheinbares Gesichtsfeld legt oder seinem schmalen Geldbeutel schonen muss, ist mit den preiswerten zwei- bis dreilinsigen Okularen nach Huygens & Co. hier gut bedient, ansonsten sollte man sich hier ein gutes Weitwinkelokular  mit entsprechenden Kosten leisten.

1. Problem Hintergrundhelligkeit:
Hintergrundhelligkeit (in Stadtnähe!) wird mit verstärkt
- also besser eine etwas geringere Austrittspupille wählen (eher 5 mm als 7 mm!)

2. Problem Gesichtsfeld:
ein 40 mm Weitwinkel hat ein größeres Eigengesichtsfeld, als durch einen 1¼ Zoll Anschluss "durchpassen".
Ergo: Entweder 2 Zoll Okularauszug nehmen, oder höhere Vergrößerung (also kürzere Brennweite) wählen, die aber noch in 1¼ Zoll hineinpassen.

2) Okulare mittlerer Brennweite:

Hier muss man einen Kompromiss aus:
- Kosten (steigen von Kellner über Plössl und Erfle bis Weitwinkel) und
- Bildqualität machen.
Bzgl. letzterem sind gute Plössls unschlagbar, wer allerdings Wert auf ein großes Gesichtsfeld und maximale Ästhetik bei der Beobachtung legt: zum Weitwinkel greifen! Für Anfänger sind in diesem Bereich die preiswerten zwei- bis dreilinsigen Okularen nach Huygens & Co. auch noch ausreichend.

3) Kurzbrennweitige Okulare:

Ziel ist: Höchste Vergrößerung
Für ästhetische Bildbetrachtung (Mond, Sternhaufen!) sind auch hier Weitwinkelokulare das Instrument der Wahl. Wenn man die äußerste Leistungsfähigkeit (Planeten, Mond) eines guten Fernrohres ausnutzen will: orthoskopische Okulare (Plössl, evtl. Eudiaskopisches mit angenehmerem Einblickverhalten) nehmen!

Problem: Einblickverhalten:
Dieses wird bei den einfachen Bauformen wie orthoskopischen Okularen (Abbé, Plössl) oder den Zweilinsern (Huyghens, Mittenzwey etc.) mit abnehmender Brennweite immer schlechter. Als untere Grenze der Verträglichkeit sehe ich 10 mm Brennweite an.
Wird die Brennweite noch kürzer, muss man fast in die winzige Linse "kriechen" und verschmutzt ständig mit den Wimpern die Augenlinse. Außerdem schlägt jedes Staubkorn auf den Linsen gnadenlos zu. Deshalb sind billige Okulare hier oft sehr enttäuschend.


Lösung: Verwendung einer Barlowlinse als externes Zubehörteil, die dann aber nicht unbedingt auf das Okular optimiert ist. Bei einigen teuren Okularen ist sie intern fest eingebaut (z. B. LV = Long View-Okulare oder die kurzbrennweitigen Naglers, eudiaskopischen und wie sie alle heißen). Durch die Optimierung der internen Barlowlinse in die Gesamtkonstruktion ist die Bildqualität meist deutlich besser als bei den externen Barlowlinsen. Näheres zu LV-Okularen siehe im Kapitel "Einblickverhalten".


Spezialokulare:

Fadenkreuzokulare

sind in erster Linie für Fotografen zur Nachführung gedacht. Man sollte beachten, dass das Fadenkreuz klein genug ist. Um eine befriedigende Nachführgenauigkeit zu erzielen, sollte die Brennweite des Nachführfernrohres bei einem 10 mm Okular mindestens das Doppelte der Aufnahmebrennweite sein. Bei Off-Axis-Nachführungen (wo die Brennweite ja stets gleich der Aufnahmebrennweite ist) braucht man dann also eine Barlowlinse (oder ein 5 mm Fadenkreuzokular, das meines Wissens nicht im Handel erhältlich ist).

Die High-End-Version von Fadenkreuzokularen ist das Baader Micro-Guide-Okular. Kosten um Euro 200,-
Es enthält ein Fadenkreuz, eine 1/10 mm-Skala und eine Positionswinkelskala. Mit Beleuchtung.

Alternativen zum Fadenkreuzokular ist der GA 2-, GA 3- oder GA 4-Adapter. Er projiziert ein Fadenkreuz in ein beliebiges einsetzbares 1¼ Zoll-Okular und hat zusätzlich eine eingebaute Barlowlinse.

Mikrometerokulare

Kommen in letzter Zeit ziemlich aus der Mode. Sie dienen zum Ausmessen von Planeten, Doppelsternen etc. Guter Ersatz auch als Nachführokular ist das oben erwähnte Micro-Guide-Okular.

Wegen der erforderlichen Bildfeldebnung werden für diese Zwecke fast ausschließlich orthoskopische Okulare verwendet.

"elektronische" Okulare

Der letzte Schrei ist das "elektronische" Okular der bekannten amerikanischen Firma mit "M". Es handelt sich um einen bescheidenen 320 x 240 Pixel schwarzweiß-CMOS-Chip (dieser Bautyp ist nicht gerade durch seine Lichtempfindlichkeit berühmt geworden). Er steckt in einer 24,5 mm und 1 1/4 " Okularfassung und liefert ein Videosignal, das an einem Fernseher  betrachtet werden soll. Viel Frust gibt es mittlerweile, weil Meade das Modul auch in Europa nur noch in der Version mit der amerikanischen Videonorm NTSC verkauft. Die meisten modernen Fernsehgeräte verkraften das zwar, ein hierzuland handelsüblicher PAL-Videorecorder aber nicht. Da habe ich schon einige richtig saure Sternfreunde kräftig schimpfen hören.
Außer an Mond, Sonne und evtl. Planeten sollte man von diesen Kameras ohnehin nichts erwarten. Das eigene Auge ist allemal besser! Im Handel gibt es auch für weniger Geld gleichwertige oder fürs gleiche Geld bessere Kamera- oder Webcam-Module (letztere sparen die TV-Karte bei Weiterverarbeitung am PC). Man muss sich nur noch eine passende Fassung basteln (z. B. Filmdöschen...). Wenigstens gibt es mittlerweile außer Meade auch ähnliche Teile von anderen Herstellern. Eine Übersicht hat Astroshop.de

Deep-Sky Freaks benutzen in letzter Zeit Videokamera-Module der Firma Mintron als "schnelle" CCD-Kamer afür zwischendurch. Qualitätsmäßig kann sie eine richtige Astro-CCD-Kamera natürlich nicht ersetzen.

Barlowlinsen

barlow.gif, 2kBEine Barlowlinse ist eine Zerstreuungslinse, die die Brennweite des Objektives und damit die Vergrößerung um den Faktor zwei oder drei verlängert. Da sie nicht immer gerade zimperlich mit der Bildqualität umgehen, lohnt sich die Anschaffung eigentlich nur dann, wenn man sie preiswert vom Flohmarkt bekommen kann. Eine gute Barlowlinse hat nämlich u. U. den Preis eines guten (kurzbrennweitigen) Okulares.

In vielen besseren kurzbrennweitigen Okularen der gehobeneren Preisklasse sind Barlowlinsen schon fest eingebaut, um das sonst schlechte Einblickverhalten dieser Okulare zu verbessern.

Das Gegenteil einer Barlowlinse ist eine Shapleylinse. Sie verkürzt die Brennweite und ist in erster Linie für Astrofotografen gedacht, denn das Objektiv gewinnt dadurch an Lichtstärke. Shapleylinsen verraten sich meist durch dunkle Bildecken  (Vignettierung) und mangelhafte Randschärfe....

Filter

Farbfilter, Sonnen- und Mondfilter, die bei etlichen Kaufhausteleskopen mitgeliefert werden, sind nur nutzlose Verkaufsgags. Ein Sonnenfilter, das ins Okular eingeschraubt wird, erhitzt sich im Betrieb zu stark und droht zu platzen! Wenn man in dem Moment gerade beobachtet, dürfte ein Auge wohl hin sein... Diese Dinger gehören verboten und in die Mülltonne!!
Von der Benutzung dieser Sonnenfilter kann ich deshalb nur abraten. Empfehlenswert zur Sonnenbeobachtung sind Objektivsonnenfilter aus Glas (teuer!) oder Folie (ein wenig schlechtere, bei der BAADER Astro-Solar-Folie immer noch sehr gute Bildqualität). Mit am besten ist meiner Meinung nach die Sonnenprojektionsmethode. Dabei blickt man nicht durch das Okular, sondern projiziert das Sonnenbild auf einen weißen Papp- oder Papierschirm hinter dem Fernrohr. Das ist billig, gut und auch leicht selbst herzustellen.

Mehr dazu im Skript Sonnenbeobachtung für Amateure.

Empfehlenswert bei unserem aufgehellten Himmel ist jedoch ein sogenanntes Nebelfilter (UHC oder O III-Filter). Es ermöglicht die Beobachtung lichtschwacher Gasnebel (aber nicht: Sternhaufen und Galaxien!!) auch bei Störung durch Stadtlicht, ist aber mit Kosten von ca. Euro 130 nicht gerade billig. Sogenannte "LPR"-Filtern sind zwar günstiger, bringen aber deutlich weniger. Neuerdings gibt es zu deutlich günstigeren Preisen (knapp 100 Euro) von der Firma Astronomik OIII und UHC-Filter. Ob sie qualitativ mit den bewährten Lumicon-Filtern mithalten können, bleibt abzuwarten. Erste Testberichte sind ganz positiv ausgefallen, wenn auch die mechanische Qualität (Gewinde) z. T. zu wünschen übrig lässt.
Die Nebelfilter der Bauart "Deep Sky" oder "Swan-Band" sind dagegen höchstens etwas für Spezialisten oder Fotografen, sie lohnen sich eigentlich kaum, da sie neben dem Stadtlicht auch das Licht der Sterne stark schwächen.
Welches Filter für welchen Gasnebel am besten ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Regelmäßige Beobachtungsberichte erscheinen z. B. in Interstellarum. Evtl haben die auch Infos zu  den neueren Nebelfiltern.

Bei Farbfiltern streiten sich auch die Gelehrten, ob sie im Bereich der Planetenbeobachtung von Nutzen sind, und wenn ja, welches Filter für welchen Zweck. Theoretisch ist zumindest eine leichte Steigerung von Farbkontrasten zu erwarten. Ob sie die Erwartungen befriedigen können, muss jeder selbst entscheiden. Ich persönlich vermisse jedoch den "Aha-Effekt" und habe dafür noch nicht viel Geld ausgegeben.

Geld für so etwas muss dagegen ausgeben, wer an seinem Refraktor Geld gespart hat ;-)
Viele der lichtstarken Refraktoren mit einem Öffnungsverhältnis von 1:10 bis 1:5 haben derart heftige Farbsäume, dass hohe Vergrößerungen an Mond und Planeten eine Zumutung sind. Geeignete Farbfilter schaffen da Abhilfe. Kosten: 100 Euro aufwärts, ein Test steht in "Sterne und Weltraum"  Heft 8/2003.

Zenitprismen oder -Spiegel

Wer jemals mit einem Refraktor oder Schmidt-Cassegrain-Teleskop im Zenit beobachtet hat und dabei seinen Kopf und Nacken verrenken musste, dem wird die Wichtigkeit eines solchen Teiles schnell klar. Sie sind ein absolutes Muss für alle Fernrohre, deren Okular hinten am Tubus sitzt. Der Zenitspiegel lenkt das Bild seitlich aus dem Fernrohr heraus und ermöglicht bequemes Beobachten in jede Himmelsrichtung. Newton-Teleskope brauchen ihn nicht, da das Licht schon durch den Fangspiegel seitlich austritt. Prismen liefern bei guter Fertigung und Vergütung eine geringfügig bessere Bildqualität und -helligkeit als Spiegel, sie sind aber auch natürlich etwas teurer.
Sog. Amici-Prismen oder Dachkantprismen bringen sogar ein seitenrichtiges Bild, was aber mit leichten Kontrasteinbußen erkauft wird und für die Planetenbeobachtung deshalb weniger zu empfehlen ist.

Die Preislagen streuen von wenigen Euro bis einigen Hundertern. Eine Übersicht hat Astroshop.de

Binokularansätze:

Teures Spezialzubehör für Genießer. Binoansätze sind ohne eine speziell ausgelegte Barlowlinse an  einigen Fernrohren mit geringen freien Lichtweg  (v. a. Newton-Teleskopen) wegen ihres langen Lichtweges wohl kaum zu benutzen. Besitzer von Schmidt-Cassegrain-Teleskopen dürften damit i. d. R. keine Schwierigkeiten haben. Ein Binoansatz raubt zwar etwas Licht (intern wird durch einen Strahlteiler das Lichtbündel vom Objektiv in zwei Teilbündel für jedes Auge umgewandelt), belohnt den Beobachter dafür aber mit einem sehr plastischen Seheindruck. Neben dem teuren Binoansatz braucht man natürlich noch jeweils zwei Exemplare von jedem Okular. Also eher was aus der Kategorie "Luxusaccessoires". Meist auch nicht für langbrennweitige Okulare geeignet, wegen der geringen Lichtduchlassöffnungen (Brennweiten ab 16 mm abwärts sollten kein Problem sein).

Natürlich braucht man damit auch gleich jedes Okular doppelt!

Reinigung von Okularen:

Grundregel: im Zweifelsfall lieber nicht reinigen!!

Gegen Fettablagerungen auf Okularen z. B. von Augenwinpern hilft evtl., die Linse mit etwas Alkohol (Spiritus oder besser Isopropanol) vorsichtig abzuwischen. Auf keinen Fall mit Optiktüchern o. ä. reiben, das ist Gift für die Vergütung!
Vorsicht bei Kunststoffteilen! Und nicht das Okular in der Flüssigkeit "baden", dann zieht sie in die Fassungen oder zwischen die Linsen und macht dort mehr kaputt als gut!

Tau oder Beschläge in kalten Nächten auf keinen Fall abwischen! Lieber die Optik föhnen  (z. B. 12-Volt-Föhn aus dem Campinghandel) oder Okulare in der (sauberen!) Hosentasche anwärmen. Besser noch ist ein angewärmter Okularkoffer (Taschenofen für Euro 8,- aus dem Jagdgeschäft!), dann kommt es auch in kalten Nächten nicht zum Beschlagen der Okulare.

Mehr zur Optikreinigung in meinem Putztipps.


weiterführende Informationen zum Thema Okulare:


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www.astro-okulare.de (Dr. Reese Astronomische Okulare)
Mehr zur Sonnenbeobachtung für Amateure.
Artikel zum Zusammenhang zwischen Pupillendurchmesser und Lebensalter.

Okulare gibt's u. a. bei ( Astroshop.de )

Das letzte Update dieser Seite war am 17.11.2013
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