Justierung von Newton-Teleskopen

von Dr. Wolfgang Strickling


Ein Newton-Teleskop ist wegen seines guten Preis-Leistungsverhältnisses ein unter Astroamateuren gerne benutztes Instrument. Wie alle Spiegelfernrohre reagiert dieser Bautyp aber empfindlich auf Justierfehler, so dass die Geräte im allgemeinen mit justierbaren Spiegelzellen ausgerüstet sind.

Ein "Newton" besitzt ja im Gegensatz zu vielen anderen Fernrohren einen offenen Tubus, so dass die Spiegel von Zeit zu Zeit herausgenommen und gereinigt werden müssen. Nach dem Zusammenbau müssen die Spiegel dann wieder exakt neu zentriert werden. Im Gegensatz zu Cassegrainfernrohren kann man das aber leicht und ohne große Hilfsmittel selbst durchführen. Auf großartige "Justierokulare", die von ausgebufften Astrofüchsen für viel Geld unter das beobachtende Volk gebracht werden, kann man dabei guten Gewissens verzichten, hierbei handelt es sich meistens um einfache Hülsen mit Fadenkreuz und einem kleinen Einblickloch.

Wenn man - z. B. nach einer Optikreinigung - feststellt, dass bei unscharfer, extrafokaler Einstellung helle Sterne nicht mehr als kreisrunde Scheibchen mit konzentrischem Fangspiegelschatten erscheinen, geht man am besten folgendermaßen vor:

1) Überprüfung der Fangspiegelposition:

Zuerst wird das Fangspiegelkreuz genau mittig im Tubus zentriert. Dann stellt man den Fangspiegel so ein, dass der Hauptspiegel beim Blick durch den leeren Okularstutzen gut zu sehen ist. Jetzt muss der Fangspiegel genau in der Mitte des Okularstutzens zu sehen sein, was durch Blick durch ein exakt mittig durchbohrtes Filmdöschen an Stelle eines Okulares manchmal besser zu erkennen ist als bei direktem Einblick. Wenn jetzt der Fangspiegel längs der Tubusachse nach vorne oder hinten verschoben ist, muss der Spiegel an seinen Justierschrauben etwas herein- bzw. herausgedreht werden. Bei Abweichung quer zur Tubusachse ist die Fangspiegelhalterung seitlich im Tubus versetzt.

Bei lichtstarken Newtons (1:5 oder schneller) muss man übrigens die Versatz des Fangspiegels berücksichtigen! Er sitzt dann nicht mehr mittig im Tubus, sondern etwas in Richtung Hauptspiegel und entgegen des Okularauszuges versetzt. Das liegt daran, dass der Fangspiegel an seinem hauptspiegelseitigen Ende tiefer im immer breiteren Lichtkegel des Haupspiegels liegt als am anderen Ende. Mehr dazu unten!

2) Justierung des Fangspiegels:

Man blickt wieder durch den leeren Okularstutzen und stellt mit Hilfe der drei Fangspiegelschrauben das Bild des Hauptspiegels genau in die Mitte des Fangspiegels ein. Dabei sollte die Spiegelposition (Punkt 1) nicht mehr verändert werden. Wenn jetzt ein Okular mittlerer Brennweite eingestzt wird, soll das Bild des Hauptspiegels (die Austrittspupille), das man bei größerem Betrachtungsabstand vom Okular erkennt, genau zentrisch im Okular zu sehen sein.

3) Justierung des Hauptspiegels:

Zum Schluss wird der Hauptspiegel so zentriert dass man sein eigenes Auge beim Blick durch den leeren Okularstutzen exakt in der Mitte des Spiegels sieht. Am besten holt man sich für diesen Schritt einen Helfer: Der eine justiert an den Stellschrauben während der andere die Einstellung kontrolliert.

Nach abgeschlossener Justierung müssen Auge, Fangspiegel, Hauptspiegel und Fangspiegelbild beim Blick durch den Okularstutzen genau konzentrisch ineinander liegen. Dann sollten auch aus einem Abstand von einem oder mehreren Metern von vorne in das Teleskop hineingesehen der Fangspiegel, sein Spiegelbild und ein eingesetztes möglichst kurzbrennweitiges Okular exakt in der Mitte des Hauptspiegels zur Deckung kommen.

Alle diese Schritte können am besten bei Tag geschehen, wenn das Fernrohr gegen eine helle Fläche oder den Himmel gerichtet ist. Statt in den leeren Okularstutzen zu blicken kann man auch ganz vornehm eines der erwähnten "Justierokulare" benutzen, genauso gut tut es aber auch eine alte Filmdose o. ä. mit einem kleinen Loch (Ø ca 5 mm) in der Mitte, sie muss nur in den Okularstutzen passen.

Nachts am Sternenhimmel sollten sich unscharfe Sternscheibchen wie gewohnt wieder kreisrund mit der Fangspiegelabschattung genau in der Mitte präsentieren. Bei scharfer Einstellung, guter Luft und höchster Vergrößerung sollen die Beugungsringe schön erkennbar sein. Haben die Sterne alle kleine "Schwänzchen" (neudeutsch Koma genannt), so liegt das Okular nicht auf der optischen Achse und man schaut an der Zone der perfekten Korrektur, die ein Parabolspiegel in der Bildmitte leistet, vorbei. Bei einem solchen Bildfehler ist die Justierung noch nicht perfekt oder die Optik ist mangelhaft. Besonders lichtstarke Systeme müssen dann noch einmal am Stern nachjustiert werden. Durch leichtes Verkippen des Haupspiegels wird der Stern soweit bewegt, bis sich der Fehler minimiert.

Wenn Fotos oder das Bild im Okular nur auf einem schmalen Streifen scharf sind, ist die Bildebene gegen die optische Achse gekippt und der Fangspiegel muss neu zentriert werden.

Zum Testen von Teleskopen und deren Justierung am Tage siehe meine Aufsätze: "Test von Fernrohren am Tage" und "Doppelsterne im Wohnzimmer"

Es gibt auch spezielle Justierlaser, mit denen man am Tage ganz bequem sein Fernrohr kollimieren kann. Ein genau justierter Laser wird in den Okularauszug gesteckt und dann der Fangspiegel so justiert, dass der Laserstrahl den Haupspiegel genau in der Mitte trifft (kreisförmige Markierung vorher anbringen!). Anschließend justiert man den Haupspiegel so, dass der Laserstrahl wieder genau in den Laserstrahler zurückfällt.

Eine Anleitung für die speziell erhältlichen "Justierokulare" (Chesire) steht unter:
 http://www.aokswiss.ch/d/zub/kollimation.html

Übrigens haben die Ringe oder Scheibchen, die man bei unscharfer (extrafokaler) Einstellung im Fernrohr sieht, entgegen der gelegentlich verbreiteten Meinung nichts mit den Beugungsringen zu tun! Beugungsringe erkennt man nur bei optimaler Optik, ruhiger Luft, höchster Vergrößerung und scharfer Fokussierung an Punktquellen (natürliche oder künstliche Sterne).

Das ultimative Buch zum Fernrohr-Test ist übrigens: H. R. Suiter: Star testing astronomical telescopes. Erschienen bei Willman-Bell und ist neben den bekannten online-Buchläden auch bei vielen Astrohändlern oder dem Astro-Shop erhältlich (ca. DM 50 - 60,-). Für Interessierte unbedingt empfehlenswert! Darin steht auch etwas zum Fangspiegelversatz:


Der Versatz des Fangspiegels:

Zumindest bei lichtstarken Newtons ab 1:5 muss man den Versatz des Fangspiegels berücksichtigen. Er sitzt dann mit seinem Zentrum nicht mehr mittig im Tubus auf der optischen Achse, sondern etwas in Richtung Hauptspiegel und entgegen des Okularauszuges versetzt. Das liegt daran, dass der Fangspiegel an seinem hauptspiegelseitigen Ende tiefer im immer breiteren Lichtkegel des Haupspiegels liegt als am anderen Ende. Für die etwas lichtschwächeren "klassischen" Systeme mit Öffnungen von 1:8 oder schwächer braucht man diese Ausführungen in der Praxis allerdings nicht zu beachten, da der Effekt verschwindend gering wird und Nichtbeachtung letztlich nur zu einer Verschiebung des gleichmäßig ausgefüllten Bildfeldes um den Versatzbetrag führt. Bildschärfe und -kontrast werden nicht beeinträchtigt.

Versatz des Fangspiegels:
Brennweite f
Spiegelduchmesser D, Öffnungsverhältnis F = f / D
Abstand Brennebene - Tubusachse T
Voll ausgeleuchtetes Bildfeld L

Nach Suiter berechnet man den Versatz näherungsweise nach folgender Formel:

Versatz = T / (4F2) + L / (4F) (1 - 2T/f)

Der Durchmesser MA der kleinen Fangspiegelachse ist auch angegeben als:

MA = L + T (D - L) / f

Für verschwindend kleine Bildfeldduchmesser L ergibt sich: Versatz = T / (4F2) und MA = T/F.
Vernünftige Werte für L sind für visuelle Anwendungen 15 - 20 mm.

Bei der Justierung ist zu beachten, dass der Fangspiegel um den Versatzbetrag entgegen den Okularauszug aus der Tubusmitte entlang seiner 45-Grad Ebene verschoben wird und auch vom Haupspiegel aus gesehen um diesen Betrag exzentrisch sitzt. (Das sieht man dann auch im extrafokalen Sternscheibchen! Da steht der Fangspielgelschatten nun nicht mehr exakt zentrisch!).

Durch ein genau mittig durchbohrtes Filmdöschen an Stelle eines Okulares gesehen scheint der Fangspiegel jedoch trotzdem genau in der Mitte des Tubus zu liegen!

Anblick eines Newtons mit Fangspiegelversatzes vom Okularauszug aus:
Der Fangspiegel (dungelgrau) erscheint genau mittig im Okularauszug (schwarz). Ebenso mittig ist der Hauptspiegel (weiß) mit seiner Mittenmarkierung (rot) und der Augenpupille des Beobachters (weiß) zu sehen.Hellgrau ist die Tubusinnenfläche dargestellt.
Der Schatten des Fangspiegels mit seiner Tragespinne (schwarz) ist etwas versetzt. (hier übertrieben stark dargestellt)

Dieser Anblick erscheint nur ohne Okular, wenn sich das Auge in der Fokusebene befindet.


Mittlerweile gibt es auch elektronische Justierhilfen, die über eine kleine USB-Kamera die Justage am PC-Bildschirm recht einfach und komfortabel machen.
Für gelegentliche visuelle Beobachter ist dieses sicher nicht nötig, engagierte Astrofotografen mit lichtstarken Geräten (also schnellem ÖÖffnungsverhältnis) können ja mal einen Blick auf das OCAL PRO werfen!


© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91

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