![]() Die Instrumente wurden gestellt, die Sonnengläser in Bereitschaft gehalten, aber es war noch nicht an der Zeit. Und wie viele tausend Augen mochten in diesem Augenblicke von den umliegenden Bergen nach der Sonne schauen, nach derselben Sonne, die Jahrtausende den Segen herabschüttet, ohne daß einer dankt - heute ist sie das Ziel von Millionen Augen.
Endlich zur vorausgesagten Minute - gleichsam wie von einem unsichtbaren Engel - empfing sie den sanften Todeskuß, ein feiner Streifen ihres Lichtes wich vor dem Hauche dieses Kusses zurück.
Seltsam war es, daß dies unheimliche, klumpenhafte, tief schwarze, vorrückende Ding, das langsam die Sonne wegfraß, unser Mond sein sollte, der schöne sanfte Mond, der sonst die Nächte so florig silbern beglänzte; aber doch war er es, und im Sternenrohr erschienen auch seine Ränder mit Zacken und Wulsten besetzt, den furchtbaren Bergen, die sich auf dem uns so freundlich lächelnden Runde türmen.
Draußen an dem Kahlengebirge war es schon, als schliche eine
Finsternis oder vielmehr ein bleigraues Licht, wie ein wildes Tier
heran.
So schmal wie mit der Schneide eines Federmessers in das Dunkel geritzt, stand nur mehr die glühende Sichel da, jeden Augenblick zum Erlöschen.
Nicht anders als wie der letzte Funke eines erlöschenden Dochtes schmolz eben auch der letzte Sonnenfunken weg, wahrscheinlich durch die Schlucht zwischen zwei Mondbergen zurück - es war ein überaus trauriger Augenblick.
Deckend stand nun Scheibe auf Scheibe - und dieser Moment war es eigentlich, der wahrhaft herzzermalmend wirkte - und dann Totenstille, es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten.
Draußen weit über das Marchfeld hin lag schief eine lange, spitze Lichtpyramide gräßlich gelb, in Schwefelfarbe flammend und unnatürlich blau gesäumt; es war die jenseits des Schattens beleuchtete Atmosphäre, aber nie schien ein Licht so wenig irdisch und so furchtbar, und von ihm floß das aus, mittels dessen wir sahen.
Nie, nie werde ich jene zwei Minuten vergessen - es war die Ohnmacht
eines Riesenkörpers, unserer Erde.
Ein einziger Lichttropfen quoll am oberen Rande wie ein
weißschmelzendes Metall hervor, und wir hatten unsere Welt wieder -
er drängte sich hervor, dieser Tropfen, wie wenn die Sonne selber
darüber froh wäre, daß sie überwunden habe.
Aber wie alles in der Schöpfung sein rechtes Maß hat, auch
diese Erscheinung, sie dauerte zum Glücke sehr kurz, gleichsam nur den
Mantel hat er von seiner Gestalt gelüftet daß wir hineingehen,
und Augenblicks wieder zugehüllt, daß alles sei wie früher.
Die Ausstellung ist in Teilen z. Z. in meiner
Praxis zu sehen, |
© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See.
Der komplette Text Die Sonnenfinsternis
von 1842 von Adalbert Stifter
Das dort zitierte Gedicht von Lord Byron ist übrigens
"Darkness"
weitere Werke Stifters
beim Projekt
Gutenberg
Zeitgenössische
Aquarelle der Finsternis von 1842 aus der Uni Wien
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Meine Messungen und Beobachtungen von der SoFi 2001
in Simbabwe
Mein Reisebericht der Finsternis 21.06.2001: Zur
Schwarzen Sonne auf den Schwarzen Kontinent
Linksammlung Sonnenfinsternisse auf meiner
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