Fisheye-Fotografie mit einfachen Mitteln

von Dr. Wolfgang Strickling

Dieser Text wurde zuerst in Sterne und Weltraum 32, S. 646 [8-9/1993] veröffentlicht und erscheint hier mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages "Sterne und Weltraum"


In letzter Zeit erschienen in SuW gelegentlich Bilder und Berichte über Fisheye-Aufnahmen [1], [2], [3]. Nicht nur in der Astrophotographie, sondern auch bei allgemeinen photographischen Anwendungen haben solche Vollkreisaufnahmen einen besonderen Reiz. Ein Wermutstropfen sind jedoch die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten von z. T. 1000 Euro oder mehr für Fisheye-Objektive, zumal solche Optiken sicher nicht jeden Tag benutzt werden. Eine etwas preiswertere Alternative sind Kugelspiegel nach Art der Meteorkameras [3] (low-cost-mäßig mit einer ausgedienten Christbaumkugel realisierbar), jedoch stört die stets mitabgebildete Aufnahmekamera im Bildzentrum.

Ein Ausweg aus dem Dilemma sind Fisheye-Vorsätze, die auf Fotoflohmärkten oder im Second-Hand-Fotohandel schon für ca. 20 - 50 Euro angeboten werden. Mit Hilfe eines Adapterringes können diese Vorsätze auf einem 28 mm-Objektiv befestigt werden und liefern dann eine kreisförmige Abbildung mit etwa 160º Bildwinkel. Natürlich kann man von solchen nicht speziell aufeinander abgestimmten Linsenkombinationen nicht die Bildqualität wie von Fisheye-Optiken, evtl. sogar in Verbindung mit Mittelformatfilm [2], erwarten.

Für die Verwendung am Tage empfielt sich die volle Abblendung auf 1:16, um eine gute Abbildungsleistung zu erhalten. Nachts führt das natürlich zu endlosen Belichtungszeiten, aber ein Effekt macht das starke Abblenden auch nicht unbedingt erforderlich: Bei großer Blendenöffnung kommt es am Rand zu einer sehr ausgedehnten Koma um Punktlichtquellen, die an flächenhaften Ojekten (z. B. tagsüber) zu einem unscharfen Bildeindruck führt. Sterne sind jedoch in der Regel so schwach, daß die Koma kaum mit abgebildet wird und bei weitem nicht so störend in Erscheinung tritt. Im wesentlichen wird die erreichbare Grenzgröße am Bildrand herabgesetzt.

Wer bereit ist, kleine Abstriche in der Bildqualität in Kauf zu nehmen, wird mit eindrucksvollen Aufnahmen der Milchstraße belohnt, die gerade im Urlaub in südlicheren Breiten unter minimalem apparativen und finanziellen Aufwand nur mit Hilfe von Uhrwerksnachführungen gewonnen werden können. Erreichbar sind Grenzgrößen von 6m bis 7m je nach Film, Belichtungszeit und Luftqualität. Andere Anwendungsgebiete sind Meteoraufnahmen, Dämmerungsphänomene oder atmosphärische Erscheinungen, Polarlichter und vor allem die Standortauswahl bei der Suche nach einem optimalen Beobachtungsplatz.

Abbildung oben: Aufnahme der Milchstraße am 04.08.1994, belichtet 19 Minuten auf Scotch Chrome 400 mit Converter und 28 mm Optik, abgeblendet auf f/4.
Aufnahemort: Pic du Midi, Pyrenäen.

Literatur:

[1] K. Brandl: Photographie des gesamten winterlichen Abendhimmels mit einem Fisheye-Objektiv, SuW 30, 386 [6/1991].
[2] S. Binnewies: All-Sky-Kamera, SuW 29, 186 [3/1990].
[3] Winterstein: Sylversternacht 1988, SuW 28, 697 [12/1989].


Nachtrag:

Mittlerweile (11/2002) habe ich mir doch den Luxus eines echten Fisheye-Objektives geleistet. Aus russischer Produktion gibt es (gab es?) bei EBAY das qualitativ recht gute 8 mm Peleng-Vollkreis-Fisheye für 249 Euro zu kaufen. Die Randschärfe ist selbst bei voller Öffnung (3,5) recht akzeptabel und schon bei Blende 5,6 sehr gut. In einigen Testberichten schneidet das Peleng sogar deutlich besser ab als das wesentlich teurere Soligor-Fisheye.

Links zum Peleng (englisch): Revievs, Bericht v. Marco Pauck mit sehr vielen Links


© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91

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Weitere Links für Astrofotografen:
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Das letzte Update dieser Seite war am 06.12.2002
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