Dr. W. Strickling:

Vergleichende Untersuchungen zur Härte von Aufbrennlegierungen und die klinische Relevanz von Härteangaben

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2.7 Härtemessungen an Schmelz und Keramik

Um den Zahnschmelz in seiner Härte mit den üblichen Zahnersatzwerkstoffen zu vergleichen, sind bereits sehr früh - seit der Entwicklung reproduzierbarer Härtemeßverfahren - Versuche zur Bestimmung der Schmelzhärte durchgeführt worden. HODGE [49] gibt in seiner Literaturübersicht Arbeiten ab dem Jahre 1870 an. GröBtes Problem bei Messungen am Schmelz oder an Keramiken ist die hohe Bruch- und Rißempfindlichkeit dieser Materialien, so daß statische Prüfverfahren, die in der Regel für die Messung von Metallen konzipiert sind, an solch spröden Proben nicht anwendbar sind. Die meisten der frühen Untersuchungen am Zahnschmelz waren deshalb Ritzhärteprüfungen, und erst 1936 hat HODGE [49] vergleichende Messungen an Stählen, Zahnhartsubstanzen, keramischen Kronen und anderen Metallen mit Standard-Härteprüfern veröffentlicht.

Mit der Einführung von Mikrohärteprüfern sind jedoch Messungen mit reduzierter Bruchgefährdung an Zähnen und Keramik möglich, die einen direkten Vergleich mit metallischen Werkstoffen erlauben sollen. Insbesondere der Eindruckdiamant nach KNOOP ist für Messungen an spröden Werkstoffen wegen seiner geringen Eindringtiefe sehr geeignet [109, 119, 130].

2.7.1. Die Schmelzhärte

Für den Zahnschmelz gilt ebenso wie für Metalle, daß die Härtewerte von der Prüfkraft abhängen. CALDWELL und Mitarbeiter [17] berichteten über Versuche, nach denen die Mikrohärte des Schmelzes, gemessen mit dem KNOOP-Eindruckkörper, ein gut reproduzierbares Maximum bei einer Prüfkraft von 4,9 N (500 p) aufweist. Diese Ergebnisse decken sich mit Untersuchungen an polykristallinen Materialien, nach denen die Kraft-Härtekurve bis zu einem Maximum ansteigt, um danach wieder leicht abzufallen [17].

Bei der Verwendung des OOOP-Diamanten ist auf dem Einfluß von Anisotropien in der Schmelzhärte zu achten. DAVIDSOÜT u. Mitarb, [19] wiesen die Abhängigkeit des Bruchverhaltens und der Mikrohärte vom Schmelzprismenverlauf nach.

CRAIG und PEYTON untersuchten die Brucheigenschaften des Schmelzes in Abhängigkeit von der Belastung im Bereich von 0,245 N (25 p) bis l, 96 N (200 p) mit Hilfe des KNOOP-Diamanten. Sie kamen zu dem Schluß, daß 0,49 N (50 p) Belastung gut definierte Eindrücke mit einem Minimum an Frakturen hervorbringt. Im Hinblick auf die Literatur zur Mikrohärteprüfung nichtmetallischer Werkstoffe betont BÜCKLE [16] jedoch besonders, daß beim Auftreten von Rissen in der Probe der Eindruckkörper die Brüche "elastisch öffnet" und somit die gewonnenen Härtewerte nicht mehr mit anderen Messungen verglichen werden können. Sie müssen, sofern sie nicht verworfen werden, getrennt für sich untersucht werden,

über andere Einflüsse, die sich auf die Schmelzhärte auswirken, werden in der Literatur widersprüchliche Angaben gemacht. Eine Tiefenabnahme der Härte, wie sie von einigen Autoren beschrieben worden ist, konnte in der Studie von CRAIG und PEYTON [18] in Übereinstimmung mit anderen Quellen nicht festgestellt worden, ebensowenig wie Härteverminderungen zum Zahnhals [95] hin. Sie weisen darauf hin, daß viele dieser beschriebenen Veränderungen angesichts der hohen Streuung der Meßwerte nicht signifikant sind oder allein auf der mechanischen Anisotropie des Schmelzes beruhen können. Abhängigkeiten vom Alter, von CALDWELL u. Mitarb. [17] nicht festgestellt, konnten von RIEFENSTAHL [99] nachgewiesen werden,

Die folgende Aufstellung vermittelt einen Überblick über die Härteangaben von verschiedenen Autoren. Leider werden häufig die Härtewerte ohne die Prüfkraft angegeben, was den Vergleich der Messungen erschwert. Zur eindeutigen Beurteilung ist die Prüfkraft eine unerläßliche Größe, deren Angabe dringend zu fordern ist.

ARENDS u.a. [7] oberflächlicher Anschliff:
317 KH ±30 (F=25-200p)
BREUSTEDT [nach 45] 270 HB
CALDVELL u.a. [17] nat. Oberfläche Frontzähne:
365 HK 0,5 ±35

nat. Oberfläche Seitenzähne:
393 HK 0,5 ±50

CRAIG u.a. [18] Schmelzschnitt
343 HK 0,05/15 ±23
GAYKEN[ nach 39] 250 - 350 HV 0,05
DAVIDSON u.a. [19] Schmelzschnitt
327/354/367 HK 0,05 ±34/29/17
KÖRBER u.a. [64] künstlich abradierter Schmelz
346 HV 0,l ±18
KRETER u.a. [66] nat. Oberfläche
286 HK
LEHMAM [77] 332 HB ("3250 N/mm2" )
NEWBURN [nach 66] nat. Oberfläche
268 HK ±20
PURDELL u.a. [95] Schmelzschnitt, 200 um tief
345 HK 0,015
RIEFENSTAHL [99] Schmelzschnitt
322 - 372 HV 0,05
SCHRAMM [102] nat. Schmelzoberfläche
424 / 437 HV 0,05
SILVER u.a.[nach 45] 267 HB
35 - 39,5 HRC
SKINNER [nach 66] nat Schmelzoberfläche
260 HK
SOUDER u.a. [nach 17] Schmelzschnitte
350 HK

2.7.2. Die Härte von keramischen Massen

Die Härtebestimmungen an Keramiken unterliegen noch mehr der Beeinträchtigung durch Brüche und Risse als Messungen am Zahnschmelz. Es existieren zwar relativ viele Berichte statischer Härtemessungen in der zahnärztlichen Literatur, jedoch werden die Ergebnisse solcher Untersuchungen kontrovers diskutiert, da für statische Härtemessungen im allgemeinen Freiheit von Materialfrakturen gefordert wird [16]. HABECK [45] berichtet, daß durch Flusssäureätzungen Risse in spröden Stoffen bei Eindrücken mit Prüfkräften über 98,1 mN (10 p) nachgewisen werden konnten. Aufgrund dieser Schwierigkeiten sehen viele Autoren Ritzhärtebestimmungen für Keramiken als geeigneter an [45] d. h. Nachteil dieser Methode ist jedoch, "daß dieses Verfahren nur dem Vergleich von Stoffen dienen kann. Es ist kaum möglich, durch die Schwierigkeiten bei der Justierung an zwei Geräten vergleichbare Ergebnisse zu erhalten." [45].

Dennoch wird in der technischen Literatur über plastische und mikroplastische Vorgänge bei der Mikrohärtemessung spröder Stoffe berichtet. BÜCKLE [16] nennt Untersuchungen, die Dislokationen unter den Bedingungen der Mikrohärtemessungen bei allen Materialien, einschließlich Diamant, vermuten lassen. Nach RICE [98] resultieren Mikrohärteeindrücke in Keramiken, die bei geringen Prüflasten ohne Brüche zustande gekommen sind, eindeutig aus plastischen Fließerscheinungen, die (wie in Metallen) oberhalb einer bestimmten Dehngrenze zustande kommen. Die Frage, inwieweit diese plastischen Vorgänge von mikroplastischem Verhalten (Ausbildung von Gleitebenen, Zwillingsbildung, andere nichtelastische Veränderungen wie z. B. Verdichtung in Gläsern) begleitet werden, gewinnt wachsende Bedeutung.

Nachfolgend ebenfalls eine kurze Aufstellung bisher gemessener Keramikhärten:

BREUSTEDT [nach 45] Dentalkeramik
418 HB
GAYKEN [nach 393 Keramikmassen
600 HV
LEHMANN [77] Keramikmassen
bis 408 HB ("4000 N/mm2" )
KÖRBER u.a. [64] Vivodent-PE, Glanzbrand
650 HV 0,l  ±7
RITZE [nach 45] VMK Dentinmasse
481 - 559 HV 0,05/120
SILVER u.a. [nach 45] Porzellan
415 HB
47-66 HRC


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