Ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop ist wegen seines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses und der kompakten Bauform ein unter Astroamateuren gerne benutztes Instrument. Im Widerspruch zu anders lautenden Testberichten perfekter Optiken, die in diversen astronomischen Zeitschriften von Zeit zu Zeit publiziert werden, habe ich jedoch selten ein auch nur annähernd beugungsbegrenztes Gerät dieser Bauart gesehen. Speziell Optiken mit großer Öffnung zeigen in der Regel selbst bei optimaler Justierung mehr oder weniger starke Abbildungsfehler, die Beobachtungen mit höheren Vergrößerungen selten zum Genuss werden lassen. Bezüglich Bildschärfe und Kontrast stehen diese Geräte deutlich kleineren und billigeren Fernrohren leider oft nach.
Da mein Gerät auch nach Einsendung zum Generalvertreter keine perfekte Abbildung lieferte, entschloss ich mich, die Optik per Hand zu korrigieren. Die Idee lag nahe, die Schmidtplatte meines sphärisch überkorrigierten Teleskops zu retuschieren, weil in Schmidt-Cassegrain-Teleskopen die Schmidtplatte dazu gedacht ist, die an einem mit Kugelspiegeln ausgerüsteten Cassegrain natürlicherweise vorhandene sphärische Aberration zu beseitigen. Überlegungen zu Aufwand und Kosten (Materialien, erforderliche Neuvergütung der Schmidtplatte) und der unsichere Erfolg eines derartigen Eingriffs ließen mich diesen Gedanken jedoch wieder verwerfen, genau so wie den Versuch, den Sekundärspiegel zu retuschieren, so wie es die Optikhersteller es vor der Endmontage ihrer Geräte machen. Statt dessen wollte ich zuerst probieren, die Optik nach Art der "aktiven Optik" von modernen Großteleskopen gezielt zu verformen und zu verspannen. Solche Maßnahmen sind reversibel, und bei ausbleibendem Erfolg kann man den Originalzustand problemlos wieder herstellen.
Voraussetzung zur Erkennung und letztlich zur Behebung der Restfehler sind eine absolut genaue Justierung der Optik. Justierung und Test sind am besten am Stern durchzuführen. Eine hervorragende Anleitung, sich diesen Sterntest anzueignen und optische Fehler zu erkennen, ist H. R. Suiters Buch Star testing astronomical telescopes.
Die präzise Justierung eines Schmidt-Cassegrains wird folgendermaßen durchgeführt (Details und Links in meiner Spezialseite):
Ein nicht
zu heller Stern wird bei sehr hoher Vergrößerung (Okular ca. 10
mm) in Bildmitte positioniert und ein wenig unscharf eingestellt,
so dass die zentrale Fangspiegelabschattung so eben gut sichtbar wird. Liegt
die Abschattung exzentrisch wie in der Abbildung links, dann muss das Teleskop
mit Hilfe der kleinen Innensechskantschrauben am Fangspiegel so lange
verstellt werden, bis die Abschattung konzentrisch liegt. Man muss die Schrauben
so drehen, dass sich der Stern entgegengesetzt dem exzentrisch versetzten
Fangspiegel bewegt (also zur "dickeren" Seite des Ringes hin, in der linken
Abbildung beispielsweise nach unten). Da der Stern bei der Justierung aus
der Bildmitte herauswandert, muss man zur genauen Prüfung des Ergebnisses
den Stern mit der Feinbewegung der Montierung wieder genau in die Mitte fahren
und die Justage dann ggf. noch einmal iterativ verbessern.
Die beiden optischen Hauptfehler, die nach erfolgreicher Justierung meist
noch verbleiben sind meist Astigmatismus und / oder sphärische Aberration.
Erstere äußert sich in strichförmigen Sternabbildungen, deren
Orientierung sich bei der Fokussierung um 90 Grad ändert.
Bei leicht
unscharfer Fokussierung betrachtet verzerrt Astigmatismus den Sternring zu
einer Ellipse, während sphärische Aberration das intra- und extrafokale
Bild deutlich unterschiedlich aussehen lässt und letztlich zu unscharf
verschmierten Sternabbildungen führt. Eine perfekte Optik zeigt den
defokussierten Stern als kreisrunden Ring, der intra- wie extrafokal identisch
aussieht. Die linke Abbildung zeigt beide Fehler im gleichen Gerät vereint
:-((
Das verwendete Teleskop ist sphärisch überkorrigiert, d. h., seine
Brennweite ist am Rand ein wenig zu lang und in der Mitte an der optischen
Achse zu kurz. Deshalb sehen die Bilder intrafokal (links) und extrafokal
(rechts) deutlich unterschiedlich aus, mit unterschiedlich großem
Fangspiegelschatten.
Übrigens ist der Ring, den man im unscharfen Sternbild in Spiegelteleskopen sieht, nicht zu verwechseln mit einem Beugungsring! Ersterer ist nur ein Abbild der Eintrittspupille, dagegen sind Beugungsringe optimal nur bei scharfem Bild, guter Optik und sehr ruhiger Luft zu sehen. Sie sind extrem klein. Der Abstand untereinander und vom Stern hat die Größe der Fernrohrauflösung, also beim 8-Zöller 0,6 Bogensekunden! Man sieht zwar auch in schlechten Optiken Beugungsringe, aber gleich dutzendweise. Eine perfekte Optik zeigt nur wenige (2 oder 3) und absolut scharfe kreisrunde Ringe.
Um
die erforderliche Justierung schnell und bequem zu erledigen, empfiehlt es
sich, die kleinem Imbusschrauben gegen passende Flügel- oder
Rändelschrauben mit amerikanischem Gewinde auszuwechseln bzw.
Rändel mit Zweikomponentenkleber aufzukleben (s. Abb. links). Mit etwas
Übung ist die Justierung damit in wenigen Sekunden erledigt, so
dass man sie vor jeder Beobachtung, die eine perfekte Abbildung erfordert,
bequem durchführen kann. Diese Abbildung ist noch vor dem Einbau der
aktiven Optik entstanden. Mittlerweile wird die Fangspiegelbox von 21
Zugangsöffnungen für die aktiven Schrauben geziert
;-)
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Wie oben zu sehen ist, krankt mein Instrument nicht nur an sphärischer
Überkorrektur, sondern auch an Astigmatismus. Während Astigmatismus
theoretisch durch eine einfache Verbiegung der Spiegelfläche über
eine mittige Kante zu korrigieren wäre, müsste die sphärische
Aberration durch ein Aufwölben oder Einziehen des Randes und/oder des
Zentrums reduziert werden. Um die erforderlichen Freiheitsgrade zu bekommen,
habe ich den Fangspiegel von der Korkplatte getrennt und sieben etwa dreieckige
Lagerplatten an dessen Rückseite mit Epoxydkleber aufgeklebt. Ein erster
Versuch mit Silikonkleber für Aquarien hatte nicht die erforderliche
Zugfestigkeit, während Epoxyd (UHU Plus) nach Aufrauung der Oberfläche
bislang fest bleibt. Die Lagerplatten haben eine zentrale Gewindebohrung
M3 für eine Zugschraube und je drei Auflageflächen für
Druckschrauben. So kann jede Platte individuell verstellt und gekippt werden.
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Der
so modifizierte Fangspiegel wird auf die entsprechend vorbereitete Aluplatte
montiert. Dabei halten je drei M3-Madenschrauben den Spiegel auf Abstand,
während die M3-Flachkopfschrauben den Spiegel halten. Optimal wären
Flachkopfschrauben mit dem selben Innensechskant wie die Madenschrauben.
Die Schrauben sind über Bohrungen der Fangspiegelbox von außen
zugänglich.
Um zu verhindern, dass Fangspiegel, Hauptspiegel und Schmidtplatte später zueinander verdreht montiert werden, sollte man ihre Lage zueinander markieren. Sonst kann es passieren, dass die werksseitige Fangspiegelretusche das Bild nachher verschlechtert statt verbessert!
Bei diesen Arbeitsgängen empfiehlt es sich, die empfindliche optische Oberfläche des Fangspiegels mit einem Polster aus Fließpapier und Pappe zu schützen und dieses erst vor der Endmontage wieder zu entfernen.
Zur
Montage werden die Madenschrauben so eingestellt, dass sie die Lagerplatten
des Fangspiegels auf etwa 1 mm Abstand zur Aluplatte halten (s. Abb. rechts).
Alle Schrauben werden nur so fest angezogen, dass der Spiegel gerade nicht
mehr locker sitzt. Dann kann er mit den drei Justierschrauben wieder in seine
Box in der Schmidtplatte verschraubt werden und die gesamte Einheit im Tubus
befestigt werden. Dabei ist, wie erwähnt, die ursprüngliche
Orientierung einzuhalten und eine Verdrehung unbedingt zu vermeiden!
Am Stern wird zunächst das Teleskop wie gewohnt justiert. Wenn der Fangspiegel nur locker eingebaut worden ist, sollten die vorherigen Optikfehler noch unverändert sein.
Jetzt kann man sich an die Korrektur der Optikfehler machen.
Zur
Korrektur des Astigmatismus habe ich das Teleskop intrafokal ein wenig unscharf
gestellt (Fokusknopf von der Schärfeposition in Richtung "unendlich"
drehen, Abb. links). In der Ebene der langen Ellipsenachse A-B des
Sternscheibchens muss der Spiegelrand nach innen in Richtung Hauptspiegel
gebogen werden. An den gegenüberliegenden Spiegelrändern (C-D)
kann durch symmetrisches Lockern der Madenschrauben und Anziehen der Zugschrauben
die erforderliche Durchbiegung mit nur geringem Druck der Schrauben problemlos
erreicht werden. So wird die zu lange Brennweite in der Ebene A-B verkürzt,
während senkrecht dazu (C-D) die Brennweite des Systems verlängert
werden muss. Ziel ist eine kreisrunder Unschärfekreis. Im übrigen
sollte im Verlauf der Aktivierung der Optik eine Verschlechterung der
Spiegeljustierung ständig kontrolliert und ggf. korrigiert werden.
Für die Korrektur der sphärischen Aberration ist es sinnvoll, über eine Zonenmaske die Brennweiten des optischen Systems am Rand, im Zentrum und in der Mittelzone zu vermessen. Mein Gerät hatte seinen größten Fehler (zu kurze Brennweite) im Zentrum, während die Randzone einigermaßen in Ordnung war. Durch ordentlichen Druck der Madenschrauben der zentralen Platte konnte die Fangspiegelmitte etwas vorgewölbt werden und damit die Überkorrektur beseitigt und sogar ins Gegenteil verkehrt werden.
Ebenso sollte es möglich sein, "Dellen" oder "Hügel" der Oberfläche, wie ich sie bei einigen Geräten gesehen habe, zu beseitigen. Zumindest konnten solche Fehler durch einseitiges zu starkes Anziehen einzelner Schrauben erzeugt werden. Sicher lassen sich nicht alle Fehler auf diese Weise komplett beseitigen. Bei meinem Gerät habe ich jedoch eine deutliche Verbesserung der Bildqualität erreichen können. Insgesamt ist die Aktivierung der Optik zwar eine etwas zeitraubende Angelegenheit, die durchaus einige Abende verschlingen kann. Wenn die Optik jedoch einmal perfektioniert worden ist, reicht die normale Justierung zum Erreichen einer optimalen Abbildung vollkommen aus.
Als unerlässlich erachte ich die Lektüre von H. Suiters Werk "Star testing astronomical telescopes", erschienen bei Willman-Bell. Es ist neben den bekannten online-Buchläden auch bei vielen Astrohändlern oder dem Astro-Shop erhältlich (ca. 30 Euro). Schließlich muss man sich recht genau in seine Optik "hineindenken" können und sollte gut vorausahnen können, welchen Effekt die Manipulation der Optik haben wird.
Im Prinzip kann man den Astigmatismus auch tagsüber am künstlichen Stern prüfen. Für die sphärische Aberration ist jedoch eine Lichtquelle im "unendlichen" erforderlich, denn auch ein perfektes System wird auf kurze Einstelldistanzen eine sphärische Überkorrektur zeigen! Ebenso sollte man bei der Justage einen Fokusabstand wie bei der "normalen" Beobachtung einhalten, da der Fokusabstand bei Teleskopen mit Hauptspiegelfokussierung die sphärische Korrektur geringfügig beeinflusst. Zubehör wie Zenitspiegel oder -prismen und Fokalreducer sollte man vor solchen Manipulationen entweder entfernen oder zumindest vorher testen, denn auch solche Zusatzgeräte können natürlich das optische System beeinflussen.
Erste Ergebnisse zeigen, dass der Kontrast von Aufnahmen sich deutlich verbessert
hat. Ein Bildbeispiel zeigt Saturn, einmal vor (links) und nach (rechts)
Einbau der aktiven Optik.
während die Aufnahme links das beste Bild aus drei Jahren ist, wurde
die rechte Aufnahme schon beim zweiten Versuch mit der Optik gewonnen.
18.03.2003. Der Ring ist deutlich ausgefranst und verwaschen, |
am 07.01.2004 ist der Ring wesentlich schärfer |
Zugegeben, wenn es nur um die Korrektur von sphärischer Aberration geht,
könnte ein neues kommerzielles Produkt solchen Basteleien den Rang ablaufen:
Das
Safix
von Aries.
Dabei handelt es sich um eine Korrektionsoptik, die ähnlich einer
Barlowlinse zwischen Teleskop und Okular gesetzt wird. Über einen Drehring
kann kontinuierlich eine Über - oder Unterkorrektur eingestellt werden.
So sollte eine reine sphärische Aberration innerhalb gewisser Grenzen
auf Null gebracht werden können. Leider ist das Teil in Deutschland
noch nicht verfügbar und es existieren noch wenig bis keine
Testberichte (außer von einschlägig bekannten Händlern ;-),
so dass ein abschließendes Urteil noch nicht möglich ist. Immerhin
ist ein recht ausführlicher englischer Diskussionsthread mit dem
Konstrukteur nachzulesen bei
spacebanter.com.
© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91
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