Die Sternbedeckung durch (17) Thetis

am 21.04.2007

von Dr. Wolfgang Strickling



Thetis-Sternbedeckung sm 21.04.2007Am 21.04.2007 bedeckte der Kleinplanet (17) Thetis den ca. 10 mag hellen Stern TYC 1407-00130-1. Die Bedeckungszone verlief quer durch Deutschland und fand ein einem Wochenende bei meist klarem Himmel statt, so dass das Ereignis von vielen Beobachtern verfolgt werden konnte. Ich selbst konnte nicht von meiner Dachsternwarte aus beobachten, und da mein transportables Instrument nicht lichtstark genug war, war ich auf die Hilfe anderer Amateure angewiesen. Ralf Mündlein in Lindelbach war dankenswerterweise spontan bereit, mir sein Instrumentarium für die Beobachtung zur Verfügung zu stellen, so dass ich das Ereignis mit meiner Videokamera (Sony PC 100) an seinem 20 cm Refraktor gut verfolgen konnte.

Ein Klick auf das Bild links öffnet ein kurzes Video (MPEG 2, 1,2 MB). Zeitangaben sind in UTC. Aufnahme im Night-Shot-Modus (dabei wird das Infrarot-Sperrfilter der Kamera weggeklappt) mit einer Integrationszeit von 0.15 s.
(Bei Wiedergabeproblemen ggf. VLC media player oder aktuellen Windows-Media-Player von Microsoft herunterladen, da MPEG-2 standardmäßig nicht unbedingt von jedem Player abgespielt wird! Oder bei vcdhelp.com den Elecard MPEG2-Codec herunterladen und installieren).

Die PC100 am Celestron 11Meine Kamera wird zur Aufnahme hinter dem Okular befestigt. DCF-77 PieperEin Piezo-Pieper (links im rechten Bild) eines DCF-77-Zeitzeichenempfängers (Selbstbau aus Teilen von Conrad Elektronik und ELV, Dank an Otto Farago!) kann direkt über dem Camcorder-Mikrofon platziert werden, so dass die Zeitzeichensignale im Sekundentakt auf der Audiospur mit einem hohen Pegel aufgenommen werden. So habe ich später auf Video eine exakte Zeitinformation.

Vorschaubild Video EditorMit Hilfe einer Videoschnittsoftware (hier: Ulead Video Editor) kann man das Video später bearbeiten und exakt ausmessen. Links sieht man ein Vorschaubild, mit dem man das Video Bild für Bild untersuchen kann. An der Stelle des Sternes habe ich ein Kreuz eingefügt, außerdem Datums- und Zeitinformationen.
Unten ist die Zeitschiene ("timeline") der Videosoftware abgebildet, wo man neben den Video-Einzelbildern auch das auf der Audiospur aufgezeichnete Zeitsignal in Form von stark ausgesteuerten Tonpulsen deutlich erkennt. Den Bedeckungszeitpunkt habe ich als kleine Marke in der timeline markiert.
Zu beachten ist bei solchen Analysen jedoch, dass Videokameras bei Langzeitbelichtungen (hier 0,15 s) oft Ton und Bild nicht mehr exakt synchronisiert haben. In meinem Fall musste ich die Tonspur um 3 1/2 Frames nach hinten versetzen. Auch Benutzer von Time Insertern müssen solche Effekte bei längeren Belichtungen (z. B. bei der populären Watec-Kamera) berücksichtigen!

Video Editor Timeline

Will man den Bedeckungsverlauf noch genauer untersuchen, kann man das Video mit LiMovie photometrieren. Die Intensitätskurve ist unten zu sehen:

Intensitätskurve

Ich konnte an meinem Beobachtungsort eine Bedeckungsdauer von 6.8 Sekunden ermitteln.
Kein Beobachter konnte mehr als sieben Sekunden Bedeckungszeit registrieren, die erwartete Maximalzeit von etwa 9 Sekunden für eine geschätzte Größe des Kleinplaneten ist also deutlich unterschritten worden. Das ist schon ein erster Hinweis darauf, dass der Durchmesser von Thetis deutlich kleiner ist als der Literaturwert von 90 km.

In größeren Instrumenten konnte die Annäherung des ca. 12 mag hellen Asteroiden an den Stern in den Stunden vor der Bedeckung gut verfolgt werden. Auch während der Bedeckung war der Kleinplanet dann als schwacher Lichtpunkt noch im Okular zu sehen. Mit GIOTTO konnte ich den Kleinplaneten aus einem Summenbild aus dem Video knapp über dem Rauschpegel noch sichtbar machen (Bild rechts) Das Bild links zeigt den Stern vor seiner Bedeckung.

der Stern vor der Bedeckung Der Kleinplanet während der Bedeckung

Grafik der gesammelten BeobachtungenIn den Folgetagen gingen viele Beobachtungsmeldungen in Planoccult, der Mailingliste für Kleinplanetenbedeckungen ein. Sie werden gesammelt und in der Ergebnisseite von Euraster.net publiziert. Mit Hilfe der Software WinOccult kann man dann genauere Analysen der Messungen machen. Ein Klick auf nebenstehende Abbildung zeigt noch mehr Details. Für diese Analyse habe ich in erster Linie zeitlich präzise Videomessungen verwendet. Ein elliptischer "Best-Fit" ergibt einen Querschnitt von etwa 80 x 65 km Größe, also deutlich weniger, als man bisher für Thetis angenommen hatte. Um seine zu messende Helligkeit zu erklären, dürfte die Albedo von Thetis damit höher sein als bislang veranschlagt.

Faszinierend neben der eigentlichen Beobachtung finde ich, dass wir mit Amateurmitteln heute in der Lage sind, solche Abweichungen zu bestimmen. Hochgerechnet auf die Entfernung von Thetis von ca. 300 Millionen km entspricht das einem Golfball in 170 km Entfernung! Und wir Amateure haben festgestellt, dass der "Golfball "nicht grau und 42 mm groß, sondern nur eine etwa 35 mm kleine weiße Kartoffel ist;-)

Im Vorfeld der Beobachtungsplanung haben wir auch feststellen müssen, dass man den Daten der Planetariumsprogramme wie Guide und "The Sky" nicht immer blind vertrauen kann. Guide beispielsweise hat mit den standardmäßigen Bahndaten den Bedeckungszeitpunkt statt auf 22:46 UTC auf 8 Uhr MESZ gelegt. In "The Sky" soll es ähnliche Abweichungen, allerdings auf den Folgetag geben. Ursache dürften falsche Bahnelemente für Thetis sein. Mit aktuellen Daten, z. B. vom MPC dürften die Vorhersagen sicherlich zutreffender sein.



Visuelle Beobachtung von Sternbedeckungen:

Wer kein Video-Equipment hat, kann solche Sternbedeckungen auch mit einfacheren Mitteln beobachten. Sinnvoll ist das immer, und bringt auch ohne Video einen wissenschaftlichen Nutzen!

Bei der visuellen Beobachtung benötigt man einen Funkwecker und ein Tonbandgerät, Diktaphon oder MP3-Recorder. Die Wecksignale mitsamt Kommentaren ("Weg!" und "Da!", wenn der Stern verschwindet und wieder erscheint) werden dann nonstop aufgezeichnet. Der Funkwecker wird so eingestellt, dass er ca. 3 Minuten vor dem Event "hochgeht", dann drückt man auf Snooze, so dass er nach 5 Minuten (also nach dem Ereignis) noch einmal einen Ton abgibt. Wichtig ist, dass das Ganze ohne Unterbrechung auf dem Diktaphon aufgezeichnet wird.

Den Wecker sollte man bei einem versierten Bedeckungsbeoachter kalibrieren lassen, denn mit der Weckzeit nehmen es die Dinger nicht so genau. Eine Sekunde Abweichung von der vollen Minute ist durchaus möglich. Den Wecker sollte man auch etwa eine halbe Stunde vorher neu starten (Batterie herausnehmen), denn die Dinger lauschen meist nur einmal am Tag nach dem Funksignal, dazwischen gehen sie nach dem Mond. Man sollte auch überprüfen, ob der Wecker das 5-Minuten-Snooze-Signal wirklich 5 Minuten nach der zuerst eingestellten Weckzeit zu einer vollen Minute abgibt und nicht 5 Minuten nach dem Drücken der Snooze-Taste! Auch das kommt bei manchen Geräten vor.

Empfohlen wird mit dem Beginn der Beobachtung etwa 5 Minuten vor dem Event, Ende der Beobachtung erst 5 Minuten hinterher, nicht schon früher! Dann hat man die Chance, einen Mond der Kleinplaneten zu entdecken. Das ist schon öfter vorgekommen und einige Beobachter habe sich schon in den Hintern gebissen, weil sie die Beobachtung nach dem Hauptereignis abgebrochen haben, und später im Internet lesen mussten, dass andere noch einen Mond drei Minuten nach der Hauptbedeckung sehen konnten ;-))


© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91

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