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 Die Russentonne

von Dr. Wolfgang Strickling 

 Die Russentonne als Teleskop? | Justierung und Entspannung der Russentonne | Basteleien | weitere Verbesserungen | andere Typen | Links

Ist die "Russentonne" eine Alternative zu einem Anfänger- oder Reiseteleskop?

Russentonne auf MontierungAmbitionierte Fotoamateure können den Erwerb eines russischen Spiegelteleobjektives 1000 mm 1:10 als Einsteigerteleskop in Erwägung ziehen. Die genaue Bezeichung ist "MTO-11CA" (ein ahnlicher, aber nicht gleicher Typ sind als MC MTO Rubinar im Handel). Es handelt sich um eine Maksutov-Optik mit zwei Korrektionslinsen. Das MC Rubinar hat angeblich eine zusätzlichliche Bildfeldebnungsoptik und soll eine etwas höhere Auflösung als das MTO-11CA haben.

Der Kostenpunkt auf Flohmärkten oder im Internet beträgt für das Objektiv ca. 200-350 Euro. Das gleiche muss man noch einmal für Adapter und Okulare ausgeben, und man hat ein brauchbares kompaktes Spiegelteleskop (ohne Stativ und Montierung!). Leider ist die Schärfe bei hohen Vergrößerungen nicht optimal, 100- bis150fach ist die absolut erträgliche Obergrenze. Die Russentonne ist für die Planetenbeobachtung also weniger geeignet, aber sie ist ein nettes Reise- und Leitfernrohr. Für fotografische Anwendungen fallen diese Mängel praktisch nicht ins Gewicht, sie ist ein gutes Teleobjektiv (Kameraanschluss Schraubgewinde M42 * 1). Zur Fotografie einer totalen Sonnenfinsternis, zumindest mit Analogkameras ist sie sehr gut geeignet! Das scheint sich mittlerweile auch herumgesprochen zu haben, so dass der Markt fast leergefegt ist, bzw. die Preise deutlich angezogen sind. Für moderne hochauflösende Digitalkameras ist die Schärfe aber u. U. nicht ganz ausreichend, so dass man wesentlich tiefer in die Tasche greifen muss, will man optimale Ergebnisse produzieren.

Übrigens soll der entfernbare M42-Anschluss durch den Bajonetteil jedes beliebigen T2-Adapters ersetzt werden können, so dass die Russentonne auch an anderen modernen Kameras ohne weiteres verwendbar ist!

Im visuellen Beobachtungsbetrieb ist die Fokussierung über das Verdrehen des vorderen Tubusteiles recht lästig. Es geht bei hohen Vergrößerungen nicht sehr feinfühlig und verstellt gerne das Objekt, vor allen bei weniger soliden Stativen!

Leider ist die Optik der preiswerten Russentonnen praktisch immer verspannt. Durch Lockern der Verschraubungen aller optischer Fassungen kann man die Qualität meist jedoch beträchtlich steigern! Ohne diese Einstellung ist die Qualität für visuelle Beobachtungen oft sehr enttäuschend bis unbrauchbar! Das heißt: wer sich nicht daran traut und keinen kennt, der so etwas macht, sollte die Finger von diesem Gerät lassen, oder man kauft sich die teure A-Code-Serie. Letztere kostet locker 100 Euro mehr und soll nach Markus Ludes nichts anderes als eine entspannte "Normaltonne" sein.

Das Rubinar ist per se nicht besser, es soll durch sein optisches Design (mehr Linsen als das reine Maksutov MTO-11CA) aber anfälliger für Reflexe sein, nach erfolgter Justierung jedoch ein geringfügig besseres Bild geben. Rubinar und/oder MTO gibt es übrigens auch in kleineren Versionen (300 und 500 mm Brennweite).

Die Justierung bzw Entspannung der Optik läuft wie folgt:

Ziel ist die Entspannung der in der regel zu fest eingebauten optischen Komponenten

1) Einstellung der Maksutovplatte. Einfach mit einem breiten Flachschraubendreher den vorderen Ring, der die Platte hält, so weit lösen, dass die Maksutovplatte gerade noch nicht wackelt.

2) Wenn ein unscharf eingestellter Stern statt eines runden Ringes etwa "dreieckig" oder elliptisch erscheint, dann sollte die Hauptspiegelfassung noch justiert werden. Dazu muss man die hintere Spiegelabdeckung durch Lösen der kleinen Madenschraube(n) des hinteren großen Tubusdeckels und Abschrauben des Deckels freilegen. Man sieht den Hauptspiegel von hinten, der mit einem Federring an drei Auflagen fixiert wird. Dieser Federring kann auch durch Lockerung eines Schraubringes so wie an der Frontplatte auch entspannt werden. Eventuell lohnt es sich, durch eine Drehung der Auflagen um ca 60 Grad (ausprobieren!) die Abstützung des Spiegels zu verbessern. Man kann dadurch versuchen, die dreieckige Bilddeformation zu beseitigen.
Dieser Schritt ist meist der effektivste bei der Justierung.

English translation of relaxing instruction:

To relax the mirror, remove the grub screws fixing the rear cap of the tube, so that you van unscrew it. Remove the cap, containing the M42 camera screw mount and the field corrector lenses with the black cone tube. Mind dust falling into the tube or onto the optic surfaces.
Then you will see the mirror's back, pressed with a spring ring to its support (which is on the front side of the mirror). Relax this spring ring by unscrewing it so far, that the mirror is just not rattling and moving in its mount, the assemble the tube again and check your result.

3) Zuletzt kann man noch die Fassung der Korrektionslinsen hinten etwas lockern. Meistens ist das jedoch nicht mehr erforderlich.

Nicht nötig sind diese Einstellung bei den gelegentlich angebotenen handgeprüften "A-Code" Serie-Geräten. Preislage um bzw. über 300 Euro....
Man erkennt sie an der entsprechenden Messingplakette mit Prüfnummer auf dem Rückdeckel.

Fokus-SperrschraubeZum visuellen Beobachten speziell mit einem Zenitspiegel sollte man außerdem die Focuslock-Sperrschraube (Bild links) entfernen, die die Fokussierung auf den Bereich zwischen einigen Metern und unendlich begrenzt. Sonst kann es passieren, dass man das Bild im Okular nicht scharf bekommt. Die Schraube sitzt neben der unteren Stativfassung (die für das Breitformat), manchmal kann man sie auch innen in den Tubus hineinragen sehen. Als Feuchtigkeits- und Staubschutz würde ich das Loch dann mit einer kürzeren M3-Schraube wieder verschließen. Aber Vorsicht, ohne die Schraube kann man auch versehentlich den ganzen vorderen Teil abschrauben! Beim Rubinar sollen diese Schrauben übrigens unter der vorderen Gummiarmierung stecken.

Nach erfolgreicher Justierung ist die Bildqualität meist brauchbar, wenn auch nicht hochklassig. Man kann recht gut Saturnringe, Jupiterbänder, Mondkrater, Doppelsterne bis unter 2 Sekunden Distanz etc. erkennen. Auf Grund der nicht besonders hohen Öffnung von 100 mm (abzüglich Obstruktion durch den Fangspiegel) ist die Russentonne für Deep-Sky-Beobachtungen sicher nicht die erste Wahl.

Eine bebilderte Anleitung zur Justierung gibt es übrigens von Michael Mushardt.

Russentonne mit Sucher auf MontierungWas man sonst noch für die Nutzung als vollwertiges Fernrohr benötigt (s. Bild links):

Zusätzlich sind noch notwendig: ein Okularadapter, Okulare, Zenitspiegel, Montierung, Stativ, Sucher, ....

Fazit: Wer dieses Zubehör nicht sowieso schon hat (Anfänger!) oder als ambitionierter Fotograf das Gerät als Teleobjektiv nutzen möchte, der sollte sich nach einer Russentonne nicht unsehen. Denn wenn man sich erst alles Zubehör zusammenkaufen muss, dann ist es nicht mehr billig und das Preis/Leistungsverhältnis schlecht. Ich würde dann einem (guten!) 114 mm-Spiegel den Vorzug geben.

Beispiel für eine Russentonnenmontierung von Frank Schäfer ("Volksmaksutov")

Einen ausführlichen Artikel über die Justage der Russentonne und ihre Eignung als Teleskop hat Bernd Weisheit in "Sterne und Weltraum" 2/2002, S. 73-77 veröffentlicht. 

 


Basteleien an der Russentonne:

Feldkorrektor der Russentonne Im Strahlengang befindet sich hinten nahe des Kameragewindes ein Linsenpaar mit einem Dinstanzring (Bild rechts). Ohne diese Linsen, die im wesentlichen wie eine brennweitenverlängernde Barlowlinse wirken, liegt die Brennweite bei etwa 710 mm. Sie haben eine Korrektorfunktion, um z. B. die unvermeidliche Bildfeldkrümmung zu beseitigen und die Vignettierung zu vermindern. Orientierung der Linsen im Original: Dicke Linse nach vorne zur Tubusöffnung, plane Seite nach vorne (konkave Seite zur Kamera), Abstandsring, dünne Linse zur Kamera mit planer Seite nach vorne und konvexer Seite zur Kamera.
Plejaden mit modifizierter RussentonneDas Kleinbild-Gesichtsfeld wird auch ohne die Korrektorlinsen noch gut randscharf und mit moderater Abschattung abgebildet (es muss allerdings die Sperrschraube der Fokussierung entfernt werden, sonst bekommt man für "unendlich" keine scharfe Abbildung). Für Beobachtungen von ausgedehnten Deep-Sky-Objekten wäre eine kürzere Brennweite tatsächlich nicht schlecht... Mit hochauflösenden Digitalkameras bemerkt man allerdings schon, dass die Schärfe, die sich mit Korrektor gleichmäßig über das Bildfeld verteilt, an den Rändern nach Ausbau des Korrektors etwas absinkt, sie ist bei Astroaufnahmen aber durchaus gut befriedigend. 

Links sehen Sie eine Plejadenaufnahme mit der modifizeriten 100 / 710 mm MTO-Russentonne ohne Korrektor. Ein Klick in die Grafik vergrößert das Bild, die Insets sind dann 100% Originalgröße, der Rest 25%.

Die Vignettierung der Bildecken habe ich mal nachgemessen:

Dichteverhältnis eines Dias (Fujichrome Sensia 100) Rand:Mitte = 1,25 : 1 (mit Korrektor)
Rand:Mitte = 1,61 : 1 (ohne Korrektor)

Für APS-C Digitalkameras (Gemessen mit Canon EOS 450D):  Intensitätsverhältnis Mitte : Rand 1,14 : 1 (mit Korrektor)
und Mitte : Rand 1,24 : 1 (ohne Korrektor, also vergleichbar mit der Korrektorversion im Kleinbildformat). 

Das ist nichts gegen kommerzielle Geräte wie Comet Catcher und andere unterdimensionierte Newtons!
Großangelegte fotografische Versuche mit Deep-Sky-Objekten habe ich allerdings noch nicht durchgeführt.

Nach Entfernung der Sperrschraube kann man die Brennweite im übrigen auch verlängern. Indem man z. B. in Form von Zwischenringen am Abschlussgewinde (M42) eine Verlängerung um ca. 10 cm anbringt verdoppelt man die Brennweite. Schön für Sonnen- und Mondfotos!

Die erwähnte Focuslock-Sperrschraube ist eine M3-Madenschraube. Sie sorgt für den Anschlag der Fokussierung bei "unendlich" und verhindert ein Herausdrehen des vorderen Teiles. Sie liegt bei den meisten MTOs neben einem der Stativadapter und ist auch von vorne durch den Maksutovmeniskus samt Anschalg zu erkennen (zumindest, wenn man weiß, wo sie sitzt ;-). Zum Beobachten mit Zenitprisma oder im Betrieb ohne Korrektor ist deren Entfernung notwendig, sonst bekommt man kein scharfes Bild. Beim Rubinar muss man den gesamten vorderen Teil abschrauben, um die Sperrvorrichtung zu entfernen.

 

 Weitere Verbessungen der Russentonne:

Ein viel beklagtes Problem ist die für ein 1000-mm.Objektiv zu schach dimensionierte Stativmutter. Es gibt viele Verbesserungsvorschläge in der Szene. Mein Vorschlag:


Links: Eine 6 mm starke Stahlplatte (Baumarkt) wird mit etwas längeren als den originalen M3-Schrauben auf die ursprüngliche Platte montiert. Die 3/8-Zoll-Mutter bleibt zugänglich für die Montage mit einer entsprechenden stabilen 3/8" Stativschraube. 

Rechts: Zur besseren und breiteren Abstützung auf dem Objektivtubus sind am rückwärtigen Ende noch zwei Stützschrauben (Pfeile) eingebaut. 

 

Außerdem lockert sich mit der Zeit der Kameraadapter. Ich habe die Madenschrauben gegen drei M3-Zylinderkopfschrauben ausgetauscht. So ist er leicht zu fixieren auch bei Bedarf zu lösen und zu drehen, um die Kamera- bzw. Bildausrichtung an das Motiv optimal anzupassen. Diesen M42-Kameraring kann man übrigens häufig gegen den hinteren Teil eines T2-Ringes ausstauschen. Ich habe z. B. oft einen Pentax-Adapter aus einem T2-Ring anstelle des originalen M42-Ringes montiert.

Will man ein 1.25" -Okular an der Russentonne montieren, braucht man einen Adapter von M42 auf 1.25 Zoll. So etwas gibt es z. B. bei TS unter der Bezeichnung M42-125z.


Weitere gebräuchliche Typen russischer Spiegelteleobjektive:

Das MTO MC 3m-5CA mit 500 mm 1:8Das Rubinar 300 mm 1:4.5Wie oben schon erwähnt, gibt es neben dem MTO 11 CA das MC Rubinar 10/1000 mit gleichen Optischen Eckwerten sowie die kleinen Brüder MC Rubinar 5,6/500 und MC Rubinar 4,5/300 (Bild rechts) des Rubinars. 

Auch das MTO 11 CA hat einen kleinen Bruder: MC 3M-5CA mit 8/500 mm Brennweite (Bild links). Diese kürzerbrennweiteigen Objektive sind weniger als Fernrohrersatz interessant, sondern wegen ihrer vergleichsweise guten Abbildungsqualität bei günstigem Preis vor allem für (Astro)-Fotografen. 

Die Justierung des Rubinar 300 mm:

Anhang einer kleine Bildsequenz möchte ich die Zerlegung und Justage des Rubinar 300 mm zeigen.

Der Fokusring kann entfernt werden, wenn man die Fokuslock-Schraube entfernt, die sich unter der Rändel-Gummimanschette des Fokusringes befindet. Um das Einfallen von Staub in die Otik zu vermeiden, empfiehlt sich der Verschluss z. B. mit Klebeband. Durch Lösen der drei Madenschrauben (Pfeil, Bild links) nahe des hinteren Rändelringes kann dieser  entfernt werden. (Bild rechts). Um den hinteren Ring abzuschrauben, müssen wiederum drei Rändelschrauben entfernt werden (Pfeil).

Nun sieht man den Spiegel von hinten und kann seine Fassung vorsichtig etwas lösen. Der Spiegel ist an vier Punkten mit Silikon an seinem hinteren Fassungsring befestigt.
Anschließend kann das Objektiv wieder zusammengebaut werden. Die Abbildungsqualität am Stern: vorher (links) und hinterher (rechts)

Sternabbildung vor Justage, intra- und extrafokales Bild Sternabbildung nach Justage, intra- und extrafokales BildDer Astigmatisch ist zwar nicht völlig verschwunden, aber doch deutlich geringer geworden.

Rubinar 300mm ohne Korrektor, BildeckeAuch das 300er Rubinar hat einen Korrektor, allerdings einen einlinsigen. Spaßeshalber habe diese Linse entfernt und Testaufnahen gemacht. Das Ergebnis ist wenig überzeugend, denn in den Bildecken gibt es absolut untolerable Fehler, siehe Ausschnitt links (1:1 mit EOS 450D). Also schnell wieder einbauen, schön mit der konkaven Seite nach vorne und der konvexen zur Kamera!


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