Dr. W. Strickling:

Vergleichende Untersuchungen zur Härte von Aufbrennlegierungen und die klinische Relevanz von Härteangaben

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2.6. Umwertung zwischen verschiedenen Meßverfahren

Seit der Einführung der verschiedenen Härteskalen wurden nicht nur Versuche unternommen, die Werte des einen Verfahrens mit denen eines anderen in Beziehung zu setzen, sondern auch die Variationen in ein und demselben Verfahren, z.B. bei der Messung nach BRINELL oder bei der Kleinlast- und Mikrohärteprüfung, ineinander umzurechnen. Diese Versuche stießen auf ebensolche Probleme, wie die Bemühungen vieler Forscher, aus Härteangaben auf die Zugfestigkeit oder ähnliche Materialeigenschaften zu schließen, was ja ursprünglich ein Ziel bei der Konzeption der BRINELL-Messung gewesen ist [12].

Für un- und niedriglegierte Stähle im wärmebehandelten Zustand ist mit der DIN 50 150 der Versuch unternommen worden, eine Umwertungstabelle für die Zugfestigkeit, die VICKERS-Härte (F >= 98 N), die BRINELL-Härte und verschiedene ROCKWELL-Verfahren zu machen. Es wird jedoch auf folgendes hingewiesen:

"Bei hochlegierten und/oder kaltverfestigten Stählen sind meistens erhebliche Abweichungen bei der Umwertung zu erwarten.
Eine Umwertung von Härtewerten untereinander oder von Härtewerten in Zugfestigkeitswerte ist grundsätzlich mit Ungenauigkeiten behaftet, die berücksichtigt werden müssen. Umfangreiche Untersuchungen haben gezeigt, daß es unmöglich ist, selbst äußerst scrgfa.lt ig nach verschiedenen Verfahren gemessene Härtewerte mit einer Beziehung ineinander umzuwerten, die für alle metallischen Werkstoffe oder auch nur für alle Stahlsorten gültig ist. Dies rührt daher, daß das Eindringverhalten eines Werkstoffs in sehr komplexer Weise von seines Spannung-Formänderung-Verhalten bestimmt ist."

MOTT [90] gibt für gehärtete Stähle eine Umwertungstabelle für folgende Härteskalen an:

HV 50, HRC, HRA, HRN, Skleroskop, MONOTRON, HB 10/3000

Er weist jedoch darauf hin, daß sich die verschiedenen Meßverfahren prinzipiell unterscheiden, und solche Umwertungsformeln und -tabellen nur zur Gewinnung von Näherungswerten geeignet sind. Definitive Umwertungen sind nur durch Messung von einem Beobachter und am selben Gerät empirisch zu erhalten.

WEILER [129] schreibt, daß Härtewerte weder physikalische noch empirische Größen sind. Die Härtewerte, die mit einer festgelegten Methode berechnet wurden, stellen eine Skala für sich dar, die den Vergleich von Materialien erlaubt. Ein Vergleich der Skalen untereinander oder mit anderen Materialkenngrößen muß empirisch ermittelt werden.

2.6.1. Umwertungen bei gleichem Eindruckkörper und unterschiedlichen Prüfkräften

Dieses Problem tritt vor allem bei der Umwertung von Mikrohärtemessungen zur Makrohärte auf. Um alle geräte- und beobachterbedingten Einflüsse auszuschließen, ist eine genaue Untersuchung der einzelnen Einflußfaktoren wichtig. Ebenso sind probenbedingte Einflüsse, die nicht werkstoffspezifisch sind, zu erfassen. Dieses betrifft mögliche Tiefenabhängigkeiten ebenso wie die Art der Oberflächenbearbeitung.

Sind alle obengenannten Faktoren eliminiert bzw. in ihrer Größe erfaßt, so hängt die Kraft - Härtebeziehung in erster Linie von der elastischen Rückstellung, den Kaltverfestigungseigenschaften der Legierung und der Beziehung zwischen der Einflußzone des Eindruckes und der Gefügestruktur ab.

Zur elastischen Rückstellung sind im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Untersuchungen vorgenommen worden. Für die Mikrohärtemessung wurden Korrekturen mittels experimentell ermittelter Konstanten, die zu den Messungen addiert wurden, angegeben [90, 93]. Solche Überlegungen wurden später widerlegt, und es wird vermutet, daß die nicht rückverformte Härte von der Prüfkraft eher unabhängig ist als eine Messung, die nach der Entlastung gewonnen worden ist [90] .

Um die Kaltverfestigung zu berücksichtigen, wurde die Bestimmung des MEYER-Exponenten vorgeschlagen [39, 90, 93]. Andere Autoren [nach 119] verwendeten Prüfverfahren, die keine Kaltverfestigung des Werkstoffes hervorrufen.

Auf den Einfluß der Gefügestruktur macht BÜCKLE [16] aufmerksam. Da die Vorgänge, die sich im Bereich der Mikrohärte abspielen, nicht mit denen bei hohen Prüfkräften vergleichbar sind, ist eine zuverlässige Umwertung kaum zu erreichen. Die einzige Möglichkeit ist ein experimentell abgesicherter Vergleich.

2.6.2. Die Umwertung zwischen den einzelnen Verfahren

2.6.2.1. Vergleich BRINELL - VICKERS

Häufig wird in der Literatur beschrieben, daß die mit beiden Verfahren ermittelten Härtewerte zumindest annähernd gleich seien [65, 123, 131]. Einige Autoren [55, 90, 119] schränken diese Aussage soweit ein, daß sie für die BRINELL-Messung ein Eindruck / Kugeldurchmesserverhältnis von 0,375 - 0,4 fordern, da hierbei die Geometrie der Eindrücke ähnlich ist. Allerdings darf die Probe nicht härter als 300 - 400 sein, da sich sonst die Kugel verformt und einen Meßfehler verursacht, DIN 50 150 [29] gibt für die Umrechnung folgende empirisch ermittelte Formel an:

HB = 0,95 HV mit VICKERS-Prüfkräften >= 98 N (10 kp)

Bei kleineren Prüfkräften ist wiederum die elastische Rückstellung zu berücksichtigen. Sie wirkt sich beim Kugeldruckverfahren starker aus als bei der Prüfung nach VICKERS, da deren Diagonalen sich nach Entlastung nicht im gleichen Maße verkleinern wie der Eindruckdurchmesser beim Verfahren nach BRINELL [16, 90, 119]. Außerdem rufen bei spitzen Eindringkörpern selbst die geringsten Belastungen eine plastische Verformung hervor, während unter einer Kugel plastische Fließvorgänge erst ab einem Druck von etwa der 1,1fachen Dehngrenze beginnen. [90, 119].

2.6.2.2. Vergleich VICKERS - KNOOP

Obwohl der KNOOP-Eindruckdiamant eine andere Form als die VICKERS-Pyramide hat und viel flachere Eindrücke liefert, betonen die meisten Autoren die gute Übereistimmung der durch beide Verfahren gewonnenen Härtewerte, vorausgesetzt, die Prüfstücke zeigen keine tiefenabhängigen Härtevariationen [90, 119].

MOTT [90] nennt Übereinstimmungen innerhalb von 5 % für die meisten Werkstoffe bei Prüfkräften über 4,9 N (500 p). Diese Übereinstimmung kann aufgrund von Modellrechnungen, nach denen bei beiden Verfahren der Druck zwischen Probe und Eindruckkörper etwa der 3,2fachen Dehngrenze entspricht, erwartet werden [90]. Wie ARENDS u. Mitarb. festgestellt haben, gilt die Übereinstimmung auch für den Zahnschmelz [7].

2.6.2.3. Vergleich VICKERS - ROCKWELL

Das ROCKWELL-C-Verfahren verwendet einen konischen Eindruckdiamanten, dessen Druckverhältnisse ähnlich der von pyramidenförmigen Eindruckkörpern sind. Aus diesem Grunde kann man für die ROCKWELL-C- und die VICKERS-Härte einen guten Zusammenhang vermuten. MOTT [90] gibt die Umrechnungsformel an:

HRC = 110 (l - 12,4 / sqrt(HV) )

Sie fügt sich gut in experimentell ermittelte Beziehungen ein. Unter der Annahme einer einigermaßen akzeptablen Übereinstimmung zwischen der BRINELL- und VICKERS-Härte gilt diese Formel auch für die BRINELL-Härte [119]. TABOR [119] gibt allerdings zu bedenken, daß die ROCKVELL-Härte eine Tiefenmessung ist, die den Effekt der Randeinsenkung und -aufwerfung ebensowenig berücksichtigt wie die elastische Rückstellung des Eindruckdurchmessers, da die Messung unter der Vorlast durchgeführt wird und eine Tiefenmessung ist.


weiter mit Kapitel 2.7.

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